Finanzkapital auf Höhenflug

■ Bankgesellschaft Berlin und NordLB wollen Großbank gründen. Derweil sinkt der Gewinn der Bankgesellschaft wegen Firmenkonkursen und Verwaltungskosten

Die Bankgesellschaft Berlin strebt an, zusammen mit der Norddeutschen Landesbank (NordLB) in Hannover das zweitgrößte Geldinstitut der Bundesrepublik zu gründen. Innerhalb des nächsten halben Jahres müsse grundsätzlich über die Verflechtung der beiden Institute entschieden werden, sagte Vorstandssprecher Hubertus Moser gestern während der Herbstpressekonferenz der Bankgesellschaft. Würden die Pläne Wirklichkeit, wäre nur die Deutsche Bank größer als der Berlin- Hannoversche Finanzkoloß.

Eine Fusion der Banken sei zwar nicht geplant, erklärte Mosers Kollege Wolfgang Steinriede. Die NordLB werde ihren eigenständigen Charakter als öffentlich- rechtliches Institut und die Bankgesellschaft als privatrechtliches Haus beibehalten. Erstmalig wurden gestern aber offiziell Details einer möglichen Art der Verflechtung genannt. Die Bankgesellschaft könnte Anteile der NordLB kaufen. Und die Anteilseigner der NordLB, die Länder Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt würden im Gegenzug Aktien der Bankgesellschaft Berlin übernehmen.

Durch die Gründung der Großbank ließen sich die Kosten senken, sagte Vorstand Moser. Man kann Personal einsparen und zum Beispiel die teure Datenverarbeitung gemeinsam nutzen. Die Bildung von Großbanken liegt auch in der Logik des Konzentrationsprozesses der Wirtschaft. Werden die Konzerne immer größer, brauchen sie auch größere Banken, die die riesigen Investitionssummen finanzieren.

Was die neue Großbank für das Land Berlin bedeutet, läßt sich bislang nur vermuten. Wahrscheinlich würde das Land seine bisherige Aktienmehrheit an der Bankgesellschaft (56,8 Prozent) zugunsten der anderen drei Länder reduzieren und damit auch einen Teil seines Einflusses auf die Bankgeschäfte aus der Hand geben. Eventuell sinkt auch die Dividende, denn die Kooperation wird zunächst viel Geld kosten. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) hatten sich mit der Verflechtung allerdings grundsätzlich einverstanden erklärt.

Während die Vorstände hochfliegende Pläne schmieden, sinkt der Gewinn der Bankgesellschaft. Aber er ist noch vorhanden: Zwischen Januar und September erwirtschafteten die Banker 465 Millionen Mark Profit vor Steuern. Im selben Zeitraum des Vorjahres war er allerdings um 32 Prozent höher ausgefallen.

„Die blühenden Landschaften finden erst mal nicht statt“, sagte Vorstand Wolfgang Steinriede zur Begründung. Jede Menge Betriebe in Ostdeutschland gingen in Konkurs oder seien davon bedroht. Gerade die Ostfilialen der Bankgesellschaften schrieben „tiefrote Zahlen“, weil sie ausgeliehenes Geld von den bankrotten Firmen nicht zurückbekämen, so Steinriede. Wegen der Deindustrialisierung in Berlin und Brandenburg hat die Bank ihre Rücklagen für etwaige Verluste um elf Prozent auf 612 Millionen Mark erhöht. Das drückt auf den Gewinn.

Hohe Kosten verursachten ferner die Verwaltungsaufwendungen, die noch aus der Fusion der drei Berliner Banken zur Bankgesellschaft resultieren. Auch die Reduzierung des Personals um 1.900 Beschäftigte läßt sich nicht so schnell realisieren, wie ursprünglich geplant.

Möglicherweise bekommt das Land Berlin für das laufende Geschäftsjahr eine geringere Dividende als für 1995. Daß die Zahlung in die Landeskasse auf derselben Höhe bleibt, wollten die Vorstände gestern nicht zusichern. Hannes Koch