■ Gescheiterter Wandel
: Menschenrechte in Nigeria

Zwei Phasen ziviler Regierungen hat Nigeria bislang genossen, direkt nach der Unabhängigkeit von 1960 bis 1966 und weitere vier Jahre von 1979 bis 1983. Der vorerst letzte Demokratisierungsversuch scheiterte im Juni 1993, als Wahlsieger Moschood Abiola um seinen Posten als demokratisch gewählter Präsident gebracht wurde. General Babingida, der den Übergang zu einer Zivilregierung versprochen hatte, annullierte die Wahlen. Sani Abacha, damals Verteidigungsminister, ergriff im November 1993 die Macht. Als sich Abiola ein Jahr später zum rechtmäßig gewählten Präsidenten proklamierte, wurde er von Abacha ins Gefängnis geworfen. Nigeria war in Aufruhr: Ein mehrmonatiger Streik legte das Land lahm – auch die Ölarbeiter protestierten erbittert gegen das Vorgehen der Militärjunta.

Unter dem Druck der Straße verschärfte das Regime die Oppositionellenhatz. Systematisch wurde sie 1995, als das Regime über 40 Militärs und Bürgerrechtler wegen eines angeblichen Putschversuches verhaften ließ. Unter ihnen der ehemalige Staatschef Olusegun Obasanjo und sein damaliger Stellvertreter Musa Yar'Adua. Heftige internationale Proteste führten zwar im Oktober 1995 zur Begnadigung Obasanjos. Doch dann zeigte das Abacha-Regime sein wahres Gesicht. Am 10. November wurde der Schriftsteller und Menschenrechtler Ken Saro- Wiwa mit acht Ogoni-Aktivisten hingerichtet.

Ein Jahr nach dieser Hinrichtung sind wichtige Oppositionelle nach wie vor in Haft, Wahlsieger Abiola befindet sich offenbar mit schwer angeschlagener Gesundheit im Gefängnis. Eine seiner Frauen wurde im Juli samt Leibwächter auf offener Straße ermordet.

Das Regime könnte sich allerdings mit der Fortführung seiner Unterdrückungspolitik verkalkuliert haben: Bei einem der Anschläge in diesem Jahr stürzte ein Flugzeug ab; drin saß ein Sohn des Diktators Abacha. Steht eine Radikalisierung der Opposition bevor, droht Nigeria ein düsteres Zukunftsszenario. So warnte auch der Schriftsteller Wole Soyinka jüngst in der taz: „Je größer die Repression, desto gewalttätiger der Widerstand.“ ds