■ Daimler-Chef Jürgen Schrempp steigert den Umsatz
: Nur den Aktionären verpflichtet

Daimler-Benz hat 450.000 Aktionäre und 290.000 Mitarbeiter. Die Erstgenannten sollten Konzernchef Jürgen Schrempp die Füße küssen, die Zweitgenannten auf die Finger klopfen. Seit Schrempp angetreten ist, als „Aufräumer“ die Verlustgeschäfte seines Vorgängers Edzard Reuter wieder in eine positive Bilanz umzubiegen, scheint über dem Stern in Stuttgart wieder die Sonne. Ein Plus im Jahr eins nach Reuter, und im Jahr zwei soll es noch besser laufen. Gestern veröffentlichte die Konzernzentrale die Bilanz des dritten Quartals: elf Prozent Umsatzsteigerung im Vorjahresvergleich. Und nach der Studie eines renommierten amerikanischen Wertpapierhauses soll 1998 das Nettoergebnis des Konzerns sogar bei vier Milliarden Mark liegen. Glückskind Schrempp kam dabei auch noch der Devisenmarkt zu Hilfe, der die früheren Bilanzen durch den schwachen Dollar niederdrückte. Schrempp kam, der Dollar stieg.

Zwölf Prozent Rendite in allen Geschäftsfeldern des Konzerns hat Schrempp versprochen und dafür von den Aktionären viel Beifall erhalten. Nun ist er dabei, sein Versprechen einzulösen. Der Ausstieg beim niederländischen Flugzeughersteller Fokker und der Teilverkauf von AEG waren zu Beginn seiner Ära die ersten groben Holzschnitte. Jetzt geht's ans feine Hobeln und Raspeln. Wie man mit der Feile umgeht, das muß der als „Rambo“ verschriene Konzernchef allerdings noch etwas üben, seit er mit seiner vorschnellen Ankündigung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kürzen, unsanft auf die Nase fiel. Doch zumindest zeigte Schrempp damit die Richtung an: Er fühlt sich ausschließlich den Aktionären verpflichtet, nicht seinen Mitarbeitern.

Trotz der hervorragenden Gewinnerwartungen für die nächsten Jahre spricht Schrempp immer noch vom „Risikofaktor“ der seiner Meinung nach viel zu hohen deutschen Arbeitskosten. Damit singt er vorne mit im Chor deutscher Unternehmer, die, begleitet von konservativen Politikern, ein neues Lied angestimmt haben: das Loblied auf den sharehoulder value – den Aktienkurs. Für gesellschaftliche Verantwortung gibt es keine Melodie mehr. Und dort, wo fast zwei Millionen Aktien den Mitarbeitern selbst gehören, wird auch das Fingerklopfen ausfallen. Philipp Maußhardt