Irrtum

Inne letzte Zeit komm' da immer wieder bekannte Gesichter vor meine Kiosk-Luke, heute auch. Erst dacht ich ja, das ist Frau Hütlein, die Lürikerin, die sich immer vonne Illu-Aufmacher insperieren läßt, aber denn war das doch bloß de Stadtverordnete vonne Grün', Frau Bruns oder so ähnlich, und ist, und das ist tüpisch für de Dam' in dieser Partei, auf so richtig harte nazionale Sachen spezialesiert mit ihre aggressive Anfragen. Was Sonnenbank-Heinzi von sonne Frauen hält und was man mit die mal machen müßte, will ich lieber nicht erwähn'. Jedenfalls fragt sie, ob ich de Zeitschrift „Nordmark“ führ. „Nee“, sag ich, „tut mir leid, aber ist das nicht eher ne Margarinemarke? Oder der Name von ein' Fußballverband?“ „Na gut“, sagt die Frau, „denn geben Sie mir die Mopo!“ Ich mach das ...und mitmal steht da der bekannte Herr vonne Opposition, so richtig drahtig, hinter ihr und kommandiert: „Einmal ,Der Volljurist', bitte!“ „Führ ich auch nicht“, sag ich, „sowas kriegen Sie doch nicht an ein' Kiosk..“ Die junge Frau lächelt den Herr an, sie schein' sich zu kenn': „Ach, Herr von Beust, na, wollen Sie sich auch mal wieder sachkundig machen auf dem juristischen Sektor? Da passiert ja wirklich allerhand in der letzten Zeit.“ Bei diese Worte schwillt den netten jungen Mann aber dermaßen der Kamm, das gibt das gar nicht: „Ich weiß, worauf Sie anspielen, aber dieses Problem ist wohl eher eine Frage der Ethik als der juristischen Sachkompetenz! Und damit es keine Zweifel gibt: Ich bejahe ganz entschieden diese Gesetzes-Initiative, grob ungehörige Handlungen an Mahnmalen...“ „Sie meinen Demos vor Kriegerdenkmälern?“ unterbricht ihn die Grüne und lacht wieder so dreckig. „Ich meine Verunglimpfungen, und drei Jahre Gefängnis für so eine Denkmalsschändung sind durchaus angemessen!“ Jetzt wird Frau Bruns total ernst: „In diesem Fall bin ich mit Ihnen ausnahmsweise einer Meinung.“ „W...wie bitte?“ stottert Herr von Beust, und ihn fällt tatsächlich das Kinn auf seine Seidenkrawatte. Sie hält ihn de Mopo unter die Nase. Und nu registrier ich erst den Aufmachen: „Die Denkmalsschändung“. Und stand da unter, daß so junge Leute, wahrscheinlich Linke vonne Hafenstraße, in so karnevalsartige Fantasieuniform an' Stephansplatz zusamm' gerottet hatten und da in verunglimpfender Weise und in volltrunkenen Zustand Nazilieder gebrüllt haben, so: „Weit laßt die Fahnen wehen, wir wolln zum Sturme gehen...“ sonne üble Scherze... Und einer vonne Burschen immer: „Heilig Vaterland, dir opfern wir das Beste, was wir haben...“ Weiter ist er nicht gekomm', weil er kotzen mußte, und das übern Denkmal. „Für diese Typen sind drei Jahre Knast in der Tat angemessen“, sagt die Grün'-Abgeordnete.

Und den Herrn von Beust liefen seine beiden dünn' Narben auffe rechte Backe ganz rot an, also, er hat bloß noch geschluckt, und weg war er! Und warum? Weil das gar keine linken Verscheißerer warn, sondern völkisch-nazionale Studenten aus son' komischen Verein, der sich Burschenschaft nennt und „Germania“ heißt... worauf Frau Bruns ja spezialesiert ist.