Intermezzo im Motel

Das Happy-End schmeckt nicht: Das Schwullesbische Filmfestival in Kurzform im Delphi-Kino  ■ Von Gudrun Holz

„Egal, was du bist, ich liebe dich“, spricht Leslie Cheung („Lebewohl, meine Konkubine“) mit dem ihm eigenen melancholischen Pathos den Kernsatz von „He's a Woman, She's a Man“, einer modernen Version von „Viktor und Viktoria“. Auch wenn typische Zutaten einer Hongkong-Komödie wie in Comic-Manier karikierte Figuren, klamaukiger Situationshumor, originelle Dialoge und Falsettgekiekse en masse verwendet wurden, ist der Film von Peter Chan vor allem eine romantische Verwechslungskomödie – mit Schauplatz Showbiz.

Um endlich in die Nähe der berühmten Schlagersängerin „Rose“ (Carina Lau, „Days of being wild“) zu gelangen, bewirbt sich Wing (Anita Yuen) bei einem Talentwettbewerb für „normale Männer“. Nach hartem Training mit dem besten Freund kriegt sie den Job und mausert sich dabei vom Fan zum „Kessen Vater“.

Bald beste Freundin des Popstars, verwirrt Wing zusätzlich noch deren Verlobten Sam (Leslie Cheung), der nun gaubt, reif für sein schwules Coming-out zu sein. Reichliche Gesangseinlagen von Cheung, der tatsächlich selbst eine Schlagerkarriere knapp verfehlte, und Carina Lau als einsame Schöne, verloren in den emotionalen Untiefen des neureichen Dolce vita, machen aus dem Film eine um poetischen Touch bemühte Variante zum Thema „Gender Trouble“.

Das Schwullesbische Filmfestival in Berlin, das vor zwei Jahren noch mit „Priscilla, Queen of the Desert“ ein mehrtägiges Filmprogramm eröffnete, ist in diesem Jahr auf ein Filmwochenende im Delphi mit zwei Matineevorstellungen reduziert worden.

Nur sieben Wochen vor dem geplanten Beginn mußte das bereits bestehende Programm abgesagt werden. Grund waren der kurzfristige Wegfall eines Sponsors und die halbierte Förderung seitens des Filmboard Berlin-Brandenburg. Erst für das nächste Jahr planen die OrganisatorInnen wieder ein Festival, das diesen Namen auch verdient.

Bei der zweiten Hälfte des Programms, dem „ersten schwulen Actionfilm“ (Eigenwerbung), geht es wesentlich uneleganter zu. „Raising Heroes“ von Douglas Langway versucht sich, sichtlich mit Kleinstbudget gedreht, in der Sparte „revenge-movie“. Ein schwules Vorzeigeehepaar gerät in blutige und gewalttätige Tuchfühlung mit einer erzbösen Mafia- Gang. Nachdem Josh (Typ John- Boy Walton) einen Überfall zufällig beobachtet, ist das Paar auf der Flucht.

Nach kurzem Intermezzo im Motel und Bad im herzförmigen Pool wird die Konfrontation mit der Mafia-Bande unausweichlich. Josh wird zum Rächer, zumal sein Liebster Paul (Typ Hoss Cartwright) unterdessen gekidnappt in den Händen der Gangster schmort.

Leider ist es nicht überzeugend, den Leuten ein paar Pistolen in die Hand zu drücken und sie dann, wie man es in jedem x-beliebigen Krimistreifen sehen kann, rumballern zu lassen. Wenn das Ganze dann noch mit dem Thema schwule Vaterschaft angereichert und als moralumwabertes Idyll in Szene gesetzt wird, ist die Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe stellt. Da will auch das Happy-End nicht ganz schmecken.

„Raising Heroes“. Regie: Douglas Langway, USA 1996, 85 min, heute, 15 Uhr.

„He's a Woman, She's a Man“. Regie: Peter Chan, Hongkong 1994, 106 min, morgen, 15 Uhr. Beides im Delphi, Kantstraße 12a