Multimedia an der Uni

■ Neue Kommunikationssysteme werden derzeit vor allem in der Verwaltung und Forschung eingesetzt, während es in der Lehre häufig an geeigneter Software fehlt

Der Hörsaal, in dem früher 500 Studenten der Veterinärmedizin ihrem Dozenten lauschten, wird heute für andere Veranstaltungen genutzt. Die Wißbegierigen bekommen heute ihren Stoff durch ein Multimedia-Programm geliefert. In Kleingruppen werden vom Programm vorgelegte Fallstudien bearbeitet. Der Computer liefert sowohl die Aufgabenstellung als auch das notwendige Hintergrundwissen. Am Ende des Semesters werden die Studenten mit Hilfe desselben Programms und wiederum in Teamarbeit geprüft.

Noch muß Detlef Schnoor auf dieses Beispiel einer australischen Hochschule zurückgreifen, um die Potentiale einer virtuellen Universität plastisch werden zu lassen. Schnoor engagiert sich bei der Bertelsmann-Stiftung für die stärkere Nutzung neuer Medien an den Hochschulen. Zusammen mit der Heinz-Nixdorf-Stiftung wurde das Förderprogramm „BIG–Bildungswege in der Informationsgesellschaft“ aufgelegt. In zwei Studiengängen sollen in den nächsten vier Jahren exemplarisch Forschung und Lehre durch den Einsatz von Multimedia verbessert werden.

Nach einem Bericht der Hochschul Rektoren Konferenz (HRK) werden zwar an weit über der Hälfte der Universitäten und Fachhochschulen Informations- und Kommunikationstechnologien „in irgendeiner Weise“ eingesetzt. Dennoch fehlt es gerade im Bereich der Lehre noch an geeigneter Software. Die Akademische Software Kooperation (ASK) der Uni Karlsruhe hat über 4.000 Programme gesammelt. Doch ein Viertel der Angebote richtet sich an die mit Computern vertrauten Informatiker. Für Politologen, Historiker oder Juristen etwa stehen jedoch kaum mehr als 30 geeignete Programme zur Verfügung. Bisher wurden die neuen Kommunikationstechniken vorwiegend in Forschung und Verwaltung der Hochschulen genutzt, resümiert der Bericht der HRK.

Wesentlich weiter auf dem Weg zur multimedialen Hochschule ist die Fern-Universität in Hagen. „Mit unseren sehr weit entfernt wohnenden Studenten sind wir geradzu prädestiniert für den Einsatz der neuen Kommunikationstechniken“, meint Peter Buhrmann, Diplom-Informatiker der Initiativgruppe „Virtuelle Universität“ an der Fernuni. In den Fachbereichen Elektrotechnik und Informatik werden bereits je zehn bis fünfzehn Vorlesungen über Netzwerke angeboten. Buhrmann legt Wert darauf, daß die elektronischen Angebote auch ohne anspruchsvolle Systeme wie ISDN-Leitungen erreichbar sind. Denn ein Hauptproblem sei, daß bisher nur wenige Studierende über entsprechende Anschlüsse verfügen.

„Anfangs gab es innerhalb der Universität noch viele Diskussionen über den Sinn des Medieneinsatzes“, berichtet Buhrmann. Aufgrund der regen Nachfrage durch die Studierenden habe sich aber inzwischen eine feste Front für die elektronische Uni etabliert. Eine Erfahrung, die an anderen Hochschulen nur wenige Dozenten machen konnten.

Noch immer hängt die Entwicklung vom Engagement einzelner Personen im Lehrkörper ab, stellt der HRK-Bereich fest. So werden die neuen Medien nur von durchschnittlich drei Prozent des wissenschaftlichen Personals genutzt. Viele Professoren scheuen den enormen Zeitaufwand, der für die Vorbereitung einer computergestützten Lehrveranstaltung notwendig ist. Auch die Hochschulrektoren erwarten keine Entlastung des Lehrkörpers durch den Einsatz neuer Medien. „Das würde sich erst rechnen, wenn bereits vorliegende Medienentwicklungen von anderen mitgenutzt werden“, meint auch Rainer Thome, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Uni Würzburg. „Aber da hat der deutsche Lehrkörper Hemmungen“, so Thome. Eher griffen die Professoren auf eigene Lehrbücher zurück, als Multimedia-Lösungen zu übernehmen.

Vor zwei Jahren nutzte der Würzburger Professor erstmals einen hochauflösenden Videobeam in seinen Vorlesungen, um dynamische Abläufe zu veranschaulichen. Die Studenten reagierten begeistert. „Die Darstellungen waren so anschaulich, daß den Studenten alles klar schien“, berichtet Thome. Zu klar, wie sich nach den überraschend schlechten Klausurergebnissen herausstellte. Lernen könne man nur durch Wiederholung, stellte Thome fest und gab seine Grafiken auf CD-ROM den Studierenden mit nach Hause.

Inzwischen hat Thome einen kompletten Vorlesungszyklus auf die Silberlinge pressen lassen. Die Studierenden können die Grafiken nicht nur mit eigenen Anmerkungen versehen. Wer seinen Laptop an den Computer im Hörsaal anschließt, hat auch gleich die Ergänzungen auf dem Bildschirm, die ein herkömmlicher Professor mit Kreide an die Tafel schreiben würde. Dennoch will Thome seine Datenträger nicht zu vollständigen Selbstlernsystemen ausbauen. Denn die gemeinsame Diskussion von Fragen und Problemen, meint der Multimediafachmann, ließe sich durch kein Programm ersetzen. Gereon Asmuth