Den Horizont erweitern

■ Zahlreiche Programme unterstützen Studenten, die es in die Ferne zieht

Extra für die Olympischen Spiele 1992 wurde im Norden Barcelonas ein Apartmenthaus eingerichtet. Während die Sportler aus aller Welt durch die Stadien hetzten, nächtigten dort aber nur die spanischen Sicherheitskräfte. Erst nach der Olympiade fanden in dem Gebäude junge Ausländer eine Heimat. Hier wohnt heute auch die Ungarin Greta, die zunächst ihrer Mutter nach Deutschland folgte, dann in Paris ihr Studium begann und nun ein Auslandssemester an der Universidad de Catalunia verbringt. Obwohl nicht alle Bewohner des Studentenwohnheims einen internationalen Background haben wie Greta, wird in Englisch, Französisch oder Dänisch wild durcheinander gesprochen.

Die meisten der Studierenden sind über das von der Europäischen Union geförderte Austauschprogramm Erasmus für mehrere Monate hierher gekommen – es bietet die einfachste Möglichkeit zum Auslandsstudium. Das Eintauchen in die fremde Kultur wird mit durchschnittlich 150 Mark pro Monat unterstützt. In der Regel tauschen zwei Studenten Studien- und Wohnplatz. Studiengebühren oder die Suche nach einem Schlafplatz in der Fremde werden so umgangen. Wer keinen direkten Austauschpartner findet, muß sich mit einem Platz im Wohnheim begnügen, was aber nicht unbedingt ein Nachteil sein muß. Denn schon für einige war das ungewohnte Leben in der engen Familienatmosphäre des Austauschpartners der größte Kulturschock. „Die Nachfrage nach Auslandsaufenthalten steigt“, weiß Eva Lack, die an der Freien Universität Berlin das Erasmus-Programm betreut. Nicht nur Sprachstudenten finden den Weg über die Grenze. Ob Ökonomen, Juristen oder Mediziner, bei fast allen Studienrichtungen sei der Gang ins Ausland inzwischen beliebt, so Lack. Etwa 40.000 Deutsche büffeln derzeit an einer ausländischen Universität.

Durch das seit kurzem eingeführte „European Credit Transfer System“ – einem Punktesystem, das die Vergleichbarkeit von Studienleistungen in den verschiedenen Ländern ermöglicht – wurde die Anerkennung der erworbenen Scheine wesentlich vereinfacht. Dennoch müßten vor allem vom Bafög abhängige Studierende genau kalkulieren, ob ein Auslandssemester nicht zu Verzögerungen führt, warnt Lack. Immerhin wird die im Ausland verbrachte Zeit seit August auf die Förderhöchstdauer angerechnet.

Außerdem ist ein Bafög-Antrag auch für viele Reisewillige interessant, die beim Inlandsstudium keine Förderung erhalten: Höhere Lebenshaltungs- und Reisekosten sowie eventuelle Studiengebühren werden bei einem Antrag berücksichtigt und erweitern den Kreis der Berechtigten. Die Zuschläge bewegen sich zwischen monatlich 100 Mark bei einem Studium in Luxemburg und 880 Mark bei einer Horizonterweiterung in Zaire.

Wer hierbei trotzdem leer ausgeht, kann sich an den Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) wenden. In der umfangreichen Broschüre sind vom DAAD und anderen Organisationen angebotene Stipendien verzeichnet. Hier findet sogar der junge Wissenschaftler Hilfe, dem ein Studium in Übersee nicht ausreicht. Die European Space Agency offeriert Stipendien für Forschungsaufenthalte bei der NASA. Vielleicht endet das eines Tages in einem interplanetaren Studentenwohnheim auf dem Mars. Gereon Asmuth

Informationen zum Auslandsstudium bieten die Akademischen Auslandsämter der Hochschulen