Rüffel unerwünscht

■ DGB-Chef Schulte vor dem Dresdner DGB-Kongreß und zur Lohnfortzahlung

Düsseldorf (taz) – Dieter Schulte, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), ist sich sicher, daß der in der kommenden Woche in Dresden stattfindende DGB-Kongreß endgültig ein neues Grundsatzprogramm beschließen wird. Mehrere Einzelgewerkschaften, darunter die GEW und die IG Medien, hatten den vorgelegten Entwurf kritisiert und gefordert, einen neuen Diskussionsprozeß zu beginnen.

Zuletzt schloß sich auch der ÖTV-Kongreß im Oktober dieser Forderung an – gegen das Votum des ÖTV-Vorsitzenden Herbert Mai. Während der DGB-Vorstandssitzung sei Schulte nach eigenem Bekunden aber erneut klargeworden, daß eine Mehrheit innerhalb des DGB die Entscheidung jetzt will. Von einer weiteren Debatte hält der DGB-Chef nichts: Nach gut vierjähriger Diskussion könne ihm „niemand erzählen, daß die Zeit zu knapp war“.

Den linken Kritikern ist der gesamte Programmentwurf allzu sozialpartnerschaftlich orientiert, von der Gewerkschaft als Kampforganisation kaum die Rede. Mit einer Fülle von Änderungsanträgen hoffen die Programmkritiker, so sie mit ihrem Vertagungsvorschlag scheitern, den Entwurf in ihrem Sinne anspitzen zu können. Schulte würde hinnehmen, daß sich die programmatischen Akzente „ein bißchen mehr“ nach links verschieben.

Letztlich müssen von Dresden ein Signal ausgehen, das den Menschen klar mache, „wofür wir als Gewerkschaften stehen“ – eine Verteidigerin des Sozialen in der Marktwirtschaft, weil der DGB zunehmend dazu gedrängt werde, den Kampf gegen die Marktradikalen aufzunehmen.

Beim Streit um die Lohnfortzahlung zeichnen sich bei den Einzelgewerkschaften unterschiedliche Strategien ab. Einig war sich DGB-Bundesvorstand aber, daß wegen der unterschiedlichen Ausgangspositionen jene Gewerkschaften, die sich auf Kompromisse mit den Arbeitgebern einlassen, von den kampfstärkeren wie der IG Metall dafür nicht öffentlich gerügt werden. Walter Jakobs