Die Odyssee des Ismet B.

■ Wie mühsam es für einen Kurden sein kann, in Deutschland Recht zu kommen

„Ein irrer Fall, exemplarisch für die Ausländerfeindlichkeit vieler deutscher Behörden.“ So resümiert der Bremer Rechtsanwalt Eberhard Schultz den fünfjährigen Kampf des Kurden Ismet B. um seine Anerkennung als politischer Flüchtling. Vergangene Woche gewährte das Stader Verwaltungsgericht dem 36jährigen das Bleiberecht in Deutschland. Begründung: Dem Kurden drohe in der Türkei politische Verfolgung.

Daß Ismet B. schließlich zu seinem Recht kam, ist kein Verdienst deutscher Behörden, sagt sein Bremer Anwalt. „Die haben ihm alle erdenklichen Steine in den Weg gelegt.“ Der größte Brocken war die Abschiebung des Kurden durch den Kreis Osterholz, bevor sein Asylantrag überhaupt entschieden war. „Ein Unding“, befand später das Stader Verwaltungsgericht. Nach seiner Abschiebung landete der Kurde direkt im Istanbuler Polizeigewahrsam. Das hätte er fast mit dem Leben bezahlt. „Dort wurde ich zwei Wochen lang gefoltert“, berichtete er jetzt, zwei Jahre nach der Abschiebung wieder zurück in Bremen. Sein Asylverfahren hatte er in der Zwischenzeit über einen in Deutschland lebenden Verwandten fortgesetzt.

Doch der ersten Panne folgte bald die zweite: Als Ismet B. zur Wiederaufnahme seines durch die Abschiebung unterbrochenen Verfahrens aus der Türkei vor das Stader Verwaltungsgericht geladen war, verweigerte ihm der Bundesgrenzschutz am Frankfurter Flughafen die Einreise. Offizielle Begründung: Seine Papiere seien gefälscht. Als Ermittlungen endlich die Echtheit des – in Deutschland ausgestellten vorläufigen Visums – erbrachten, lebte Ismet B. schon wieder in der Türkei. Ohne offiziellen Wohnsitz, versteckt vor der Polizei, meist bei Verwandten.

Doch bei dieser Komplikation an deutschen Grenzen sollte es für Ismet B. nicht bleiben. Auch seinen letzten Termin vor dem Stader Verwaltunggericht, wo seinem Asylantrag jetzt stattgegeben wurde, hätte er fast verpaßt. Denn der Landkreis Osterholz und die Deutsche Botschaft forderten eine „Sicherheitsleistung“ von 5.000 Mark. Diese sollte – wie eine Kaution – garantieren, daß der Mann im Falle seiner Ablehnung wieder ausreist. Der niedersächsiche Flüchtlingsrat stellte die Summe bereit. „Sonst hätte ich mein Asylverfahren wieder nicht fortsetzen können“, sagt Ismet B. „Soviel Geld hätte ich nie aufbringen können.“

Trotz der Freude über seine Anerkennung sind Ismet B. und sein Anwalt über die Geschichte dieses Asylverfahrens empört. Das Urteil „ist eine Ohrfeige für alle, die seit Jahren mit dem Schicksal von Ismet B. Ping-Pong spielen“, sagt auch Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat.

Die Ausreise Ismet B. aus Deutschland war schon fest einge plant: Sein viertägiges Visum lief bereits am Tag nach der Gerichtsverhandlung ab. Daß der Landkreis Osterholz sich für seine Abschiebung unterdessen entschuldigt hat, ist für Ismet B. ein schwacher Trost: „Ohne das Engagement meines Anwalts und ohne die Hilfe des Flüchtlingsrates wäre ich jetzt nicht in Deutschland.“ ahm