Machos unter sich

■ Das gemeinsame Lernen von Mädchen und Jungen zu überdenken, fordert eine Bildungskonferenz. Andere Inhalte und zeitweilige Trennung der Geschlechter

Die erst in den 60er Jahren durchgesetzte Koedukation, der gemeinsame Unterricht von Mädchen und Jungen, muß sich ändern. Mit Nachdruck sprach sich dafür eine von den Senatorinnen für Schule und Frauen, Stahmer und Bergmann, Ende letzter Woche veranstaltete Bildungskonferenz aus. Dem getrennten Lernen müsse wieder mehr Gewicht zukommen, forderten über 100 TeilnehmerInnen. Es müsse möglich sein, etwa in naturwissenschaftlichen Fächern die kleinen Machos von den Mädchen in der Schule zu trennen.

Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) rief die PädagogInnen auf, einen treffenden Begriff für die neuerliche Koedukationsdebatte zu finden: „Damit klar wird, nicht allein Emanzen befassen sich mit dem Thema.“ Die reflektierte Koedukation brauche „eine höhere gesellschaftliche Aufmerksamkeit“ und müsse „endlich im Alltag der Schulen“ aufgenommen werden.

Die Konferenz zur „Förderung von Mädchen und Jungen in den Schulen Europas“ griff stark auf Berliner Projekte zurück, etwa den Modellversuch „Konfliktbewältigung“. „Mädchen bringen in der Schule oft bessere Leistungen und werden trotzdem untergebuttert“, schilderte Kursleiterin Sylvia Nitschke ihre Erfahrungen aus dem Modellversuch. Jungen unterdrückten häufig den Ehrgeiz und die Lernfreude von Mädchen. Zu 90 Prozent gehe Gewalt in der Schule von den jungen Halbstarken aus. Nitschke, Kursleiterin des Modells an sechs Grundschulen, meinte: Wegen der „sehr unterschiedlichen Arten, sich im Streit auseinanderzusetzen“, brauchten Jungen und Mädchen jeweils eigene Räume.

Die vom Sozialpädagogischen Institut Walter May organisierte Koedukationsdebatte verlangte alternative Formen des Lernens. Neben der zeitweisen Trennung von Mädchen und Jungen wünschten sich die TeilnehmerInnen eine Überprüfung der Lehrinhalte – für den ersten Menschen solle nicht allein der „Neandertaler mit Keule“ stehen, sondern auch die Neandertalerin. „Die „Jungen müssen einbezogen werden, wenn sich für die Mädchen etwas ändern soll“, sagte eine Teilnehmerin.

Eine Kontroverse entwickelte sich darum, wie eine modifizierte Koedukation in allen Schulen durchzusetzen sei. Die TeilnehmerInnen waren sich einig, daß die ewigen Schulversuche eine Ende haben müßten. So wurde die Forderung erhoben, aus dem Berliner Modellversuch ein reguläres Angebot zu machen. „Wir brauchen Strukturen und feste Stellen“, pflichtete Ingrid Stahmer bei, „sonst können wir es gleich sein lassen.“ cif