Stuttgart wählt die schwarze Langeweile

■ CDU-Kandidat Schuster bei Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl vorn. Grüner Kandidat Rezzo Schlauch kam auf fast 40 Prozent. SPD am Boden – unter 14 Prozent

Stuttgart (taz) – Es hat nicht sollen sein. Beim zweiten entscheidenden Wahlgang um den Stuhl des Stuttgarter Oberbürgermeisters wählten die Schwaben die Langeweile. Ein grüner Oberbürgermeister Rezzo Schlauch war offensichtlich wieder zu riskant. Nun wird Wolfgang Schuster für die nächsten acht Jahre im Stuttgarter Rathaus regieren, ein Mann mit Verwaltungserfahrung und wenig Ausstrahlung. Schuster erhielt 43 Prozent der Stimmen, Schlauch knapp 40 Prozent.

Bereits im ersten Wahlgang vor drei Wochen lagen die beiden Bewerber weit vor ihren 36 Mitkonkurrenten. Damals hatte es Schuster auf rund 36 Prozent, Rezzo Schlauch auf fast 31 Prozent gebracht. Trotz seiner abgeschlagenen Position gab der SPD-Kandidat Rainer Brechtken (22 Prozent im ersten Wahlgang) nicht auf und muß sich vorwerfen lassen, jetzt als Steigbügelhalter für die CDU gedient zu haben.

Daß es quasi zu einer Stichwahl zwischen Schuster und Schlauch kommen würde, war wohl auch sozialdemokratischen Wählern klargeworden, die sich gestern entweder der Stimme enthielten oder aber sie auf die beiden Spitzenkandidaten verteilten. Immerhin stieg die Wahlbeteiligung im Vergleich zum ersten Wahlgang (53 Prozent) auf 55 Prozent der 400.000 Wahlberechtigten an. Bei der Kommunalwahl waren erstmals 10.000 EU-BürgerInnen wahlberechtigt.

Schon bei Bekanntgabe der ersten Trends löste sich die Spannung im siegesgewohnten Lager der baden-württembergischen CDU durch explosionsartige Geräusche. Noch nie zuvor hatten die Christdemokraten so lange, bange Wochen damit leben müssen, eventuell von einem Grünen besiegt zu werden. Das allein ließ den unterlegenen Schlauch gestern wie einen Sieger dastehen: Wo er auftrat, jubelten ihm seine Fans begeistert zu.

Untergangsstimmung dagegen bei der SPD: unter 14 Prozent für Rainer Brechtken und nochmals 3 Prozent für den SPD- Rebellen Joachim Becker. Für heute wird mit einer Erklärung des Landesvorsitzenden Ulrich Maurer gerechnet, ob er weiterhin die SPD in Baden-Württemberg führen will. Philipp Maußhardt