Abgeschoben nach Israel

■ Historisch bedenklich, juristisch korrekt: Aufgrund eines Formfehlers wird ein Jude gewaltsam nach Tel Aviv verfrachtet

Geschichte hin, Geschichte her: Recht ist Recht, und das muß durchgesetzt werden. Notfalls über sämtliche Pietätsgrenzen hinweg. Am vergangenen Donnerstag hat die Hamburger Ausländerbehörde einen jüdischen Israeli gewaltsam außer Landes bringen lassen. Der Musiker und Schauspieler Albert Sloutski wurde von Hamburg nach Tel Aviv abgeschoben.

Streng juristisch ist die Ausländerbehörde „im Recht“, und hinter dieses zieht sie sich nun mit Genugtuung zurück. Sprecher Norbert Smekal, der sich zur politischen Brisanz der Abschiebung eines Juden nach Israel nicht äußern will, kommentierte nur knapp: „Der Mann hat bewußt über seine Identität getäuscht.“ Als Sloutski 1991 nach Hamburg kam, war er noch ukrainischer Staatsangehöriger. Zuvor hatte er in Tel Aviv einen israelischen Paß beantragt. Entschieden war über diesen Antrag noch nicht. Das geschah erst, als der Musiker schon hier lebte. Nachdem er israelischer Staatsbürger geworden war, versäumte er schlicht, die Ausländerbehörde darüber zu informieren. Im Amtsdeutsch der Behörde hat er damit gegen das Aufenthaltsrecht verstoßen – und einen Abschiebegrund geliefert.

Hätte Sloutski seine neue Staatsangehörigkeit einfach mitgeteilt, wäre es vermutlich kein Problem gewesen, sein Dasein abzusichern. Er hat Wohnung und Job und jede Menge Reputation. Und er ist Israeli. Das Argument hatte vor drei Wochen zumindest noch das Amtsgericht Flensburg überzeugt, als Sloutski bei der Rückreise aus Dänemark an der Grenze verhaftet und in Abschiebehaft genommen worden war. Bestürzt hatten die Hamburger Kammerspiele und der Norddeutsche Rundfunk, beide Arbeitgeber des Musikers, Schreiben an das Flensburger Gericht geschickt, in denen sie die gute Zusammenarbeit rühmten und darum baten, ihm das Leben und Arbeiten in Hamburg zu ermöglichen. Daraufhin entließ das Amtsgericht den Musiker aus der Abschiebehaft.

Selbst die Hamburger Kulturbehörde machte sich für Sloutski stark. „Der Musiker Sloutski hat sich hier in Hamburg als Mitwirkender an verschiedenen Musiktheater-Produktionen einen sehr guten Namen gemacht“, schrieb Rolf Suhl, der persönliche Referent von Kultursenatorin Christina Weiss, um auch in ihrem Namen „jede erdenkliche Unterstützung“ zuzusagen.

Die brauchte die Ausländerbehörde nicht, denn sie hatte das Gesetz im Rücken. Sloutskis Anwalt Martin Lemke dazu: „Daß es historisch und politisch bedeutend ist, Juden zwangsweise zu deportieren, interessierte die Ausländerbehörde überhaupt nicht .“ Elke Spanner