Kohlopoly Von Mathias Bröckers

Auf den Tisch soll er gekloppt haben, unser Prachtkanzler, beim Steuerstreit mit der FDP, und bockig geraunzt: „Dann gehe ich eben zu Roman Herzog!“ Natürlich war's mal wieder nicht ernst gemeint, und er sitzt's weiter aus. Dabei wäre es wirklich allerhöchste Zeit, denn sein Laden ist pleite, statt „geistig-moralischer Wende“ und „blühenden Landschaften“ lautet die fatale Bilanz: zwei Billionen Mark Staatsschulden. Das heißt: jede Stunde allein an Schuldzinsen über zehn Millionen Mark. Die Menschenkinder, die das Pech haben, in die blühenden Pleitelandschaften von Nett King Kohl hineingeboren zu werden, haben schon mit dem ersten Atemzug über 50.000 Mark Schulden. Mit dem Klaps auf den Po gibt's als Erbschaft der öffentlichen Hand gleich ein sattes Minus aufs Konto – und daß dereinst ein braver Steuerbürger rauskommt. Gehe erstmals über Los, ziehe 50.000 Miese ein – was ist das für ein Scheißspiel, das wir den Neuankömmlingen da zumuten? Es mag ja immer noch ein Glück sein, als Erdenwurm derzeit nicht im apokalyptischen Zaire zu starten, sondern auf der Speckseite des Planeten mit einer Runde Kohlopoly, aber auch hier ist der Bankrott absehbar. Selbst mit „Bankirrtum zu deinen Gunsten“, wie Baubankrotteur Schneider jetzt für das Brettspiel wirbt, ist in der tristen Finanzwirklichkeit des Modells Deutschland nichts mehr zu löten, im Gegenteil: Nahezu täglich tun sich so viele neue Milliardenlöcher auf, daß der Kassenwart Waigel kaum hinterherkommt. Ihn noch als Flickschuster zu bezeichnen, „ist eine Beleidigung für alle Flickschuster“ (Die Woche). Die groß inszenierten Kohl-Festspiele, der ganze nationale und internationale Weihrauch, mit dem der Kanzlerdarsteller dieser Tage zum Denkmal stilisiert wurde, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich nur noch um Fassade handelt: außen Kohl, innen hohl. Der ewige Kanzler hat verzockt, und zwar so gründlich, daß sein Schuldenberg größer ist als der aller Bundeskanzler vor ihm zusammen. Konnten wir vor zehn Jahren noch behaupten, „Kohl hinterläßt eine Lücke, die ihn voll ersetzt“, so geht der Abgang der Oggersheimer Nullität heute leider nicht mehr zu null aus: gegen die zwei Billionen Mark Pleite von Doc Kohl sind die Peanuts von Doc Schneider echte Peanuts. Hätte der gescheiterte Baulöwe aus dem Knast verkündet, er werde künftig sehr viel besser und vor allem billiger bauen, wäre das eine gewaltige Lachnummer geworden. Wenn aber Kohls Kassenwart die große Steuerreform verkündet, die a) den Haushalt konsolidieren und b) die Steuer und Abgaben sinken soll, haut sich merkwürdigerweise niemand auf die Schenkel, niemand erstickt an Lachanfällen oder runzelt auch nur die Augenbrauen. Schneider konnte sein Bankrottspielchen nur deshalb so lange treiben, weil seine Bauwerke mit fiktiven Zahlen überbewertet wurden – und ebenso liegt der Fall beim Bauherrn Kohl: Nur weil sein einstürzender Neubau „Deutsche Einheit“ völlig überbewertet wird, kann er sich noch halten. Wohin sind die Abermilliarden für den Aufschwung Ost eigentlich gewandert? In die Taschen der Ossis bestimmt nicht, sonst müßte es ja dort vor Kaufkraft krachen. Würde hier einmal nüchtern die Rechnung aufgemacht – die Kohls wären Weihnachten in Florida.