Sparen am Süden

■ Bündnisgrüne und Verbände wollen Berlin als Nord-Süd-Zentrum retten

Er lernt hier, wie man Nutztiere auch in tropischen Regionen züchten kann. Mulaw Gebreselassie hat in Berlin ein Diplom in „Tierproduktion“ abgelegt. Den Doktorhut will der Äthiopier zusätzlich mitnehmen ins Land am Horn von Afrika. Genau wie das Know-how und die vielen Freundschaften, die er geknüpft hat. Nach seiner Landwirtschaftslehre an der Universität von Addis Abeba rieten ihm Lehrer, die einst an der Humboldt- Universität (HUB) studiert haben, nach Berlin zu gehen.

Diese Tradition wird die Stadt voraussichtlich brechen. Die landwirtschaftlich-gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität (HUB) soll im Jahr 2000 schließen. Die Abwicklung der international renommierten „Bauernfakultät“ stellt nur ein Steinchen des Mosaiks dar, das die Hauptstadt noch ausmacht. Denn das ehemalige Nord-Süd-Zentrum Berlin droht seinen Stellenwert völlig einzubüßen. Die drei wichtigsten nationalen Entwickungsdienste sollen ihren Sitz in Bonn nehmen. Zurück bliebe eine reiche Szene entwicklungspolitischer regierungsunabhängiger Organisationen (NGO) – ohne staatliche Gesprächspartner. „Das Nord-Süd-Zentrum wird zerschlagen in einem Moment, wo die Entwicklungspolitik einer Aufwertung bedürfte“, kommentiert Robert Große kopfschüttelnd, Mitarbeiter des „Forschungszentrums Chile-Lateinamerika“.

Mit einem „umfangreichen Antragspaket“ wollen die Bündnisgrünen das weltwirtschaftliche Gefälle zwischen dem Norden und dem Süden nun wieder zum Thema machen. Das Paket wird morgen im Abgeordnetenhaus wohl niedergestimmt. Darin fordern die Bündnisgrünen, daß Berlin ein Konzept erstellt, um auch die Botschaften von Drittweltstaaten in die Hauptstadt zu holen. Die Grünen wünschen sich weiter einen Beirat für die Landesstelle für Entwicklungspolitik, quasi das Berliner Entwicklungshilfeministerium. Und die „Bauernfakultät“ soll erhalten bleiben.

Mulaw Gebreselassie nickt. „Es ist nicht nur so, daß Berlin etwas verliert“, sagt er ruhig, „das Fach und diese Stadt haben eine große Bedeutung für die Entwicklung unserer Länder“. 80 Prozent leben in Äthiopien von der Landwirtschaft, schildert er. „Dem Hungernden aber gibt man nicht den Fisch, sondern man lehrt ihn, wie man den Fisch fängt.“ Das hat er hier gelernt. Das darf nicht aufhören. „Denn die Schließung der Fakultät beeinträchtigt die Entwicklung unseres Landes.“ cif

Die NGOs gründen am Freitag einen „entwicklungspolitischen Ratschlag“. 15.11., 16 Uhr Haus der Kulturen der Welt