■ Friedensabkommen in Guatemala zum Jahresende
: Keine Revolution, keine Begeisterung

Am 29. Dezember wollen Regierung und Guerilla Guatemalas in der Hauptstadt offiziell einen Friedensvertrag unterzeichnen und damit den 36 Jahre währenden Bürgerkrieg beenden. Guatemala ist das letzte der kleinen zentralamerikanischen Länder, in dem sich noch immer Guerilla und Regierung bewaffnet gegenüberstanden. Fünf Jahre wurde über den Friedensschluß verhandelt, den die Guerilla-Comandantes schon jetzt als „historische Etappe“ bezeichnen. Aber von den Zielen, für die die Guerilla einmal angetreten ist, ist das Abkommen weit entfernt. Eine soziale Revolution ist das nicht – die Guerilla hat nicht gesiegt.

Ähnlich wie in El Salvador geht es jetzt darum, die Wiedereingliederung der KämpferInnen ins zivile Leben zu organisieren und die hoffentlich tatsächlich neu gewonnenen Spielräume für eine legale politische Betätigung zu nutzen. An die Ursprünge der bewaffneten Auseinandersetzungen, als 1954 ein CIA-gestützter Putsch die demokratisch gewählte Links-Regierung des Präsidenten Jacobo Arbenz stürzte und eine Militärdiktatur errichtete, erinnert sich kaum noch jemand. Ihre Legitimation als politische Kraft muß eine legale Bewegung künftig aus ihrem politischen Handeln in der Gegenwart beziehen. Die Ergebnisse der jüngsten Wahlen zeigen, daß es die Linke nicht einfach haben wird. Die Guerilla tat gut daran, soviel wie eben möglich in den Friedensverhandlungen herauszuschlagen. So viel Einfluß auf die Politik des Landes werden die dann ehemaligen Comandantes bald nicht mehr haben.

All diese Friedensabkommen in Lateinamerika hinterlassen einen bitteren Nachgeschmack. Nirgendwo werden die ehemaligen Schlächter aus den Reihen der Militärs, die für Massaker mit Tausenden von Toten aus der Zivilbevölkerung verantwortlich zeichnen, vor Gericht gestellt. In Guatemala ist zwar vereinbart, eine Untersuchungskommission einzurichten, die Menschenrechtsverletzungen beider Seiten während des Krieges untersucht. Aber es ist zu erwarten, daß auch hier das Gerechtigkeitsbedürfnis der Hinterbliebenen hinter dem politischen Ziel der Versöhnung und Entpolarisierung des Landes zurücksteht. Das dürften die Kosten dafür sein, den Einfluß des Militärs wenigstens in der Zukunft gering zu halten. Es ist gut, daß der Krieg vorüber ist. Aber die Begeisterung bleibt einem im Halse stecken. Bernd Pickert