„Da bleibt vieles im dunkeln“

■ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Freimut Duve zum Verschwinden des iranischen Literaturkritikers Sarkui in Teheran

taz: Wie haben Sie von dem Verschwinden Sarkuis erfahren?

Freimut Duve: Freunde von ihm haben sich bei mir im Büro gemeldet.

Und jetzt?

Wir müssen jetzt ganz schnell wissen, wer lügt. Ich habe wegen der Flugnummer und der Flugliste an die internationale Luftfahrtorganisation IATA und an Außenminister Kinkel geschrieben. Wenn eine Fluglinie als Mitglied der IATA behauptet, sie habe ihn transportiert, dann ist das eine sehr ernste Behauptung. Ich nehme an, daß ist der Iran Air gar nicht so klar.

Wenn sich herausstellen sollte, daß mit der Passagierliste fahrlässig umgegangen worden ist, dann muß über die IATA-Mitgliedschaft von Iran Air gesprochen werden.

Gibt es feste Bestimmungen für Fluglisten?

Wegen der Absturzgefahr und den Versicherungen gehört es zu den IATA-Bestimmungen, daß jede Liste absolut personenidentisch sein muß mit den Menschen, die an Bord sind. Die Fluggesellschaften müssen streng daran erinnert werden, daß sie präzise mit solchen Informationen umgehen.

Gibt es Gründe, daran zu zweifeln?

Ich weiß aus anderen Staaten, die ich jetzt nicht nennen will, daß dort die Fluggesellschaften sehr eng mit der Geheimpolizei zusammenarbeiten.

Was, glauben Sie, ist mit Sarkui passiert?

Ich vermute, daß er am Flughafen in Teheran abgefangen worden ist und jetzt irgendwo in der Stadt ist. Es ist aber sehr rätselhaft: Das Dümmste, was ein Machtapparat machen kann, ist doch so eine auffällige Aktion am Flughafen. Sarkui wäre ja in Teheran relativ leicht zu ergreifen gewesen. Ich kann mir das nur so erklären, daß die staatlichen Machtapparate in Teheran nicht zusammenarbeiten, aber da bleibt vieles im dunkeln.

Was bringt es, wenn sich deutsche Politiker wie Sie für Sarkui einsetzen?

Briefe von mir haben immer die Wirkung, daß die entsprechenden Leute wissen: Es gibt draußen noch welche, die aufpassen. Gerade beim Iran muß man solche Dinge sehr ernst nehmen, da er gerne ein normales Mitglied der Völkergemeinschaft sein will. Aber er ist es ja nicht. Interview: Florian Gless