■ Standbild: 1000mal geiler als Sex 'n' Drugs
„Hart, Heavy, aber herzlich“, Di., 21.45 Uhr, arte
Geahnt haben wir es immer: Heavy Metal bedeutet mehr als harte Männer, heiße Öfen und harte Riffs. Ein Themenabend auf arte beweist es. Der Bassist der Thrash-Metal-Band Venom philosophiert über den Zusammenhang zwischen Matisse und seiner Band. Man erfährt, daß Judas Priest Schweine züchten und Futtermittel anbauen. Und Schnulzen-Buddel Pat Boone erklärt, daß die Songs von Ozzy Osborne am besten gesellschaftliche Mißstände anprangern, weshalb er sie flugs im Big-Band-Sound erklingen läßt.
Schlag auf Schlag geht das im ersten Film. Spektakel hier, Lifestyle dort, Pat Boone backstage bei Sepultura und mittendrin Oberboß Ozzy Osborne, der weiß, daß ein guter Gig tausendmal geiler ist als Sex oder Drogen. Thema eingekreist, Thema verfehlt. Ein wenig Moderation und Design hätten den Filmen nicht geschadet. Denn plötzlich interviewt eine Camille im Heavy-Metal-Land von Paris ahnungslose Totenkopf-Fetischisten und Tattoo-Freaks. Übergangslos folgt eine Dokumentation über den Prozeß gegen Judas Priest, nachdem sich 1985 zwei ihrer Fans erschossen hatten – eine beeindruckende Studie über das bigotte Amerika. „Die Musik war schön, wie eine Droge, sie hat uns Kraft gegeben“, sagt einer, und die Mutter eines Fans glaubt, nicht über den Selbstmord sprechen zu müssen. Lieber schützt man seine Kinder vor bösen Einflüssen mit „Parental Advisory“-Stickern.
Business als usual jedoch gleich danach: Mehrere Metal-Magazine stellen die berühmtesten Alben der Heavy-Metal-Geschichte vor – mit Nennung der jeweiligen Plattenfirma, versteht sich. Gerrit Bartels
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