Bischof Belo unter Druck

■ Indonesiens Regierung lanciert Kampagne gegen Ost-Timor-Aktivisten

Bangkok (taz) – Leiden konnte Indonesiens Regierung den katholischen Bischof von Ost-Timor noch nie. Doch seit Carlos Belo im Oktober den Friedensnobelpreis erhielt, wächst der Druck gegen den Kritiker der indonesischen Okkupation Ost-Timors. Besonders verärgert hat die Regierung ein Interview, das der Bischoff dem Spiegel gab. Darin warf er indonesischen Soldaten vor, Ost-Timoresen wie „räudige Hunde“ und „Sklaven“ zu behandeln.

Ähnlich scharf hat sich Belo schon öfter geäußert. Dennoch führt das Interview jetzt zu beispiellosen Reaktionen: Zeitungen, Minister und Abgeordnete forderten Belo auf, sich zu rechtfertigen. Rund 2.000 Mitglieder des Jugendverbandes der Regierungspartei Golkar demonstrierten am Dienstag vor dem Parlament in der Hauptstadt Jakarta und forderten auf Transparenten gar seine Ausweisung. In Ost-Timor kam es daraufhin zu Gegendemonstrationen.

Belo hält sich bislang bedeckt: Er wolle seine Äußerungen erst kommentieren, wenn er eine Abschrift des Interviews gesehen haben. JournalistInnen in Jakarta glauben, daß die Spiegel-Veröffentlichung für die Regierung nur ein Vorwand war. In den letzten Tagen wurden mehrere Herausgeber indonesischer Zeitungen einbestellt und „gebeten“, negativ über Belo zu berichten. Bemerkenswerterweise empören sich die Politiker in Jakarta erst jetzt — nach dem Besuch von Bundeskanzler Kohl. Das Interview war vorher erschienen.

Außerdem Bischof Belo ist nicht nur die bekannteste Stimme Ost-Timors. Er ist auch der Vertreter des Papstes auf der Insel und muß daher reagieren, wie es der Vatikan will. Dabei ist das Verhältnis zwischen Christen und der muslimischen Mehrheit (85 Prozent) in Indonesien gespannt. In den vergangenen Monaten wurden mehrfach christliche Kirchen und Gemeindehäuser niedergebrannt. Die Regierung hat diese Übergriffe zwar verurteilt. Doch nach Ansicht von Beobachtern gibt es in Indonesien immer mehr Leute, die eine stärkere Bevorzugung der Muslime fordern. Mit einer Kampagne gegen Belo könnte Präsident Suharto zwei Fliegen mit einer Klappe fangen: die Ost-Timoresen warnen und die Islamisten besänftigen. Jutta Lietsch