Craxi muß in den Knast

■ Expremier bekommt fünfeinhalb Jahre wegen Schmiergeldaffäre

Rom (taz) – Aus für Bettino Craxi. Das Kassationsgericht hat die Urteile der unteren Instanzen im sogenannten ENI/SAI-Prozeß bestätigt. Danach muß der sozialistische Exregierungschef, der 1983 bis 1987 mit dreieinhalb Jahren einen bisher in Italien unerreichten Rekord im Dauerregieren aufgestellt hatte, fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Craxi soll von dem zur Gruppe ENI gehörenden Versicherungskonzern SAI Schmiergelder von umgerechnet an die 20 Millionen Mark erhalten haben.

Zur gleichen Strafe verurteilt wurde der Schatzmeister der inzwischen wie die PSI aufgelösten Christdemokratischen Partei, Citaristi. Vier Jahre Haft erhielten der Schmiergeldspender und damalige Generalmanager des Enimont-Konzerns, Sergio Cusani, sowie der vormals mächtigste Unternehmer Mailands, Salvatore Ligresti. Gegen das Urteil ist keine Berschwerde mehr möglich. Das Verfassungsgericht kann in Italien wegen strafrechtlicher Urteile nicht angerufen werden.

Von den Verurteilten hat nur Citaristi eine gewisse Chance, dem Leben hinter Gefängnismauern zu entgehen. Er ist alt und schwer krank. Auch Craxi wird vorläufig nicht brummen, allerdings aus anderen Gründen. Er hat sich vor der 1994 anstehenden Verhaftung nach Tunesien abgesetzt und lebt seither in Hammamet. Dorthin war vor zwei Wochen eine hochkarätige Delegation ehemaliger Mitstreiter aus der PSI aufgebrochen, um ihrem früheren Meister erneut den Vorsitz einer neugegründeten Neosozialistischen Formation anzubieten. Aus der Sache wird nun wohl nichts.

Nach den ersten Stellungnahmen der Verurteilten handelt es sich um rein „politische Urteile“. Der Mißmut ist verständlich: Der Spruch des Kassationsgerichts ist das erste abschließende Urteil in einem der Schmiergeldprozesse gegen hochkarätige Politiker.

Das Urteil ist eine klare Botschaft an die derzeit herrschenden Politiker: Die Richter wollen ihren Weg einer Säuberung der politischen Klasse weitergehen. Und das trotz aller Anwürfe, die gegen sie lanciert wurden und der Versuche auch aus dem Regierungslager der Mitte-links-Koalition, die laufenden Verfahren durch eine Amnestie zu „bereinigen“. Damit hatte sich die Regierung die Rechtsopposition in anderen Fragen, wie der Verabschiedung des Budgets und der Verfassungsreform, verpflichten wollen.

Düster sieht es jetzt auch für Medienmogul Silvio Berlusconi aus. Er muß sich in drei Verfahren vor Gericht verantworten, und der Schuldspruch in dem Prozeß ENI/ SAI verheißt nichts Gutes. Vergangene Woche gelangte zudem noch ein Dossier aus England in die Hände der Mailänder Ermittler: Es soll belastendes Material gegen Berlusconi enthalten. Der Vorwurf: Der Medienzar habe massiv Bilanzen gefälscht, um so schwarze Kassen anzulegen, mit denen über Auslandskonsten Politiker geschmiert wurden – unter anderen Berlusconis ehemaliger Busenfreund Bettino Craxi. Werner Raith