"Mir ist egal, was CDU und SPD denken"

■ Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, zur Entscheidung der Berliner Koalition, die Gedenkstätte "Topographie des Terrors" doch nicht zu verschieben: Wichtig ist, daß da

taz: Herr Bubis, die Koalitionspartner SPD und CDU haben sich entschlossen, die „Topographie des Terrors“ doch weiterzubauen. Hätte der Senat nicht von sich aus die politische Brisanz seiner ersten Entscheidung erkennen müssen?

Ignatz Bubis: Das gebietet eigentlich der gesunde Menschenverstand. Mir geht es aber jetzt nicht um Schuldzuweisungen. Ich will, daß das Projekt gebaut wird. Dann ist es mir auch egal, mit welchen Gefühlen die Damen und Herren herumlaufen. Die Koalitionsparteien wollen die Entscheidung des Senats revidieren – das ist für mich das Wichtigste.

CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky hat Ihnen vorgeworfen, durch Ihre Äußerungen die Berliner Politik „unangemessenem Druck und ungerechtfertigten Vorwürfen auszusetzen“.

Ich hätte es lieber gesehen, wenn die CDU die Entscheidung für den Weiterbau in der Sache eingesehen hätte. Wenn ich aber nun Herrn Landowskys Äußerungen lese, dann scheint die CDU-Fraktion nicht aus innerer Überzeugung zu handeln.

Hätte nicht gerade die SPD viel früher agieren müssen?

Ich will da jetzt nicht nachkarten. So viel steht fest: Abgesehen von der politischen Notwendigkeit wäre eine Verschiebung schließlich auch aus Spargründen gar nicht sinnvoll gewesen.

Vor wenigen Tagen hatte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) Ihnen gegenüber die Verschiebung noch verteidigt und die politische Verantwortung weitgehend auf die SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann- Heesing abgeschoben.

In diesem Gespräch hat Diepgen meinen ökonomischen Argumenten für einen zügigen Weiterbau zugestimmt, zugleich aber darauf verwiesen, daß Finanzsenatorin Fugmann-Heesing während der Etatberatungen darauf beharrt habe, auch bei investiven Maßnahmen zu sparen. Obwohl er da anderer Meinung gewesen sei, habe er die Forderung akzeptiert, um keinen Koalitionsbruch zu riskieren.

Also ist am Ende Frau Fugmann-Heesing die Schuldige?

Ich habe am Mittwoch morgen mit ihr telefoniert. Sie hat mir erklärt – und dies hat sie mittlerweile in einem Brief an Diepgen formuliert –, daß CDU-Bausenator Jürgen Klemann die Verschiebung vorgeschlagen habe. Daraufhin habe niemand im Senat widersprochen.

Was halten Sie vom Vorschlag der Koalitionäre, den Bau mit privaten Mitteln und Spenden zu finanzieren?

Im Prinzip habe ich nichts dagegen. Aber die Verantwortung muß beim Senat und beim Bund liegen. Ich möchte nicht, daß beide nachher sagen: Nun seht mal zu, wie ihr das Geld zusammenbringt. Dann wäre das Projekt endgültig gestorben. Interview: Severin Weiland

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