Zwei Gustafs in „Gründgens“

Heute abend geht sie über die Bühne, die mit den größten Vorerwartungen dieser Saison belastete Premiere: Johann Kresniks theatralischer Stülpversuch zu Gustaf Gründgens. Alles, was der Gottvater des deutschen Theaters an unverarbeiteten Widersprüchen verdrängte oder an Gelüsten und Süchten vertuschte, will Kresnik ans Licht zerren: Seine Morphium-Sucht, seine sexuelle Vorliebe für Knaben, seine Komplizenschaft mit den Nationalsozialisten. Bernhard Schütz (vorne) und Roland Renner (hinten) werden in dieser „choreografischen Theaterarbeit“ (Kresnik) die schizophrene Zerrissenheit des langjährigen Intendanten des Hamburger Schauspielhauses in zwei Personen darstellen. Ob damit wirklich der heilige Kitsch einer deutschen Biografie entlarvt wird, oder der Mythos nur durch einen Gegenmythos ersetzt wird, an dieser Frage wird sich die Qualität dieser Aufführung messen müssen. Heute abend, 20 Uhr, Deutsches Schauspielhaus Foto: M. Scholz