Der Blick des Virus

■ Outbreak vermenschlicht einen tödlichen Erreger

Mit dem Untertitel Lautlose Killer wird Wolfgang Petersens neue Hollywood-Produktion Outbreak hierzulande angekündigt, und endlich paßt mal ein deutscher Verleihtitel. Petersens Thriller handelt von Killer-Viren, die innerhalb weniger Stunden die inneren Organe von Mensch und Tier verflüssigen. Aus Afrika importiert, infiziert der Virus eine ganze Kleinstadt der USA. Als wäre das nicht genug, erwägen skrupellose Militärs, das Städtchen samt aller Einwohner kurzerhand zu bombardieren.

Die größere Bedrohung bleibt gleichwohl der Virus selbst, der unsichtbare Gegner, gegen den Dustin Hoffman und Rene Russo als Ärzte kämpfen und der ganz im Sinne klassischer Gut gegen Böse-Thriller zum direkten Feind personifiziert wird: „Er ist“, heißt es im Film über jenen lautlosen Killer, „auf der Suche nach seinem nächsten Opfer. Ich hasse ihn. Ich werde ihn töten.“ War es in Backdraft das Feuer, so ist hier der Virus ein fast menschlicher Mörder. Mehr als deutlich wird das spätestens, wenn Kameramann Michael Ballhaus Einstellungen aus dem Blickwinkel der durch die Luft segelnden Viren präsentiert.

Schritt für Schritt inszeniert Petersen die Zuspitzung seiner Geschichte und verläßt sich darin voll und ganz auf die brisante Thematik samt Einblicke in zahlreiche Genlabors, in denen Hoffman und sein Team mit dem Virus ringen. Bis sie nicht mehr nur vom natürlichen Gegner bedroht, sondern auch noch vom Militär verfolgt werden. Wie schon in Tod im Spiegel ist Wolfgang Petersen auch hier nur selten in der Lage, seinen Plot über Inszenierung, Spannungsaufbau und Montage zu unterstützen. So wirken die wenigen außergewöhnlichen Momente der Kameraarbeit von Michael Ballhaus so spektakulär, daß sie sich weniger als ein unterstützendes oder filmtragendes Moment erweisen, sondern als Beleg der fehlenden Geschlossenheit der Inszenierung. Spannung kann sich hier nur in vereinzelten Szenen und Sequenzen aufbauen – das Thema soll dabei das Fragmentarische zusammenkitten.

Das verbindet ihn weniger mit Hitchcock als mit Hark Bohm. Dessen Credo fixiert sich mehr auf den Inhalt als auf seine Umsetzung, die Art der „Erzählung“ – das Filmische am Film bleibt so bei beiden außen vor. „Ein Thriller“, pointiert Petersen dieses Desinteresse an Dramaturgie im Waschzettel zu Outbreak, „der an einem unbekannten Ort spielt, der tatsächlich existiert, muß einfach faszinierend sein.“ Jan Distelmeyer

Siehe auch den Artikel auf Seite 27 über Wolgang Petersens alten Party-Keller und den Almabtrieb der Prominenz zur Europa-Premiere von Outbreak in Hamburg