Herr Ober, bitte ein Baselitz! Kunst in Hotelhallen jetzt als Prachtband

Es gibt drei Gründe, den Aufenthalt in einem Hotel zu genießen. Den Komfort, das Ambiente und die Begleitung. Ab einer bestimmten Preisklasse sei der Komfort vorausgesetzt, über die Begleitung wird geschwiegen, bleibt noch das Ambiente.

In dieser „Erlebniskultur“, dem „erlesenen Miteinander der Architektur, Kunst, Design und exquisiten Gastronomie“, so der Einbandtext, will der DuMont- Bildband „Kunst im Hotel“ schwelgen. Was den Billighotels ihr röhrender Hirsch oder ein vollbusig liebäugelndes Zigeunermädchen sind, ist den vier ausgewählten Luxushotels in Weimar, Dresden, Nördlingen und Deggendorf die namhafte Künstlerpersönlichkeit.

Sosehr die Hochglanzbilder auch eine „romantische Moderne“ heraufbeschwören wollen, sosehr versteht der Band die Kunst in ihrer dienenden Funktion. Für die Sauna des Parkhotels Hoflössnitz in Dresden spreizen Stefan Szczesnys auf Keramik gemalte blaue Nackte ihre Beine, im Weimarer Hotel Elephant küßt das Bild „Gewitter“ von Bernd Zimmer den Salonkamin. Eines anderen will uns der Werbetext des Kunstkritikers Klaus Honnef belehren: Die Kunstwerke in den Luxushotels wüchsen über die Funktion als erweitertes Interior- Design hinaus.

Ganz gewollt, und hier bedient man gerne den Topos des Originals und der künstlerischen Einzigartigkeit. In diesem Fall darf es dann auch schon mal etwas wilder sein. Nehmen wir zum Beispiel die Ausstattung von Elvira Bach im Parkhotel Deggendorf. Doch auch unter Farbenfreude und wildem Pinselstrich entpuppt sich die Abbildung als Wunschmaschine: Tanzende Frauenakte und abgelatschte Sinnlichkeitssymbolik – „Eines der weiblichen Wesen hält eine violette Orchidee am überlangen Stengel“ – laden den Hotelgast in das großzügige, mit Marmor ausgelegte Foyer ein...

Das hört sich doch nach einem gelungenen Geschäftsabschluß an. Für die Erfolglosen bleibt das Buch für 89,90 Mark, herausgegeben von Stefan Szczesny. Auf 240 Seiten vom bourgeoisen Leben und romantischen Stunden unter einem Baselitz oder Picabia träumen. Das ist doch sehr sozial. Marilina Kolvenbach