Erst gedankenlos und dann zerknirscht

■ Feuerwehrfeier in KZ-Gedenkstätte Neuengamme / Behörde: So war das nicht gedacht

Zerknirschung allerorten: Bier, Blaskapelle und eine Siegerehrung der freiwilligen Feuerwehr am vergangenen Sonntag bringen Hamburgs Kulturbehörde und Feuerwehr in Erklärungsnotstand. Eigentlich eine ganz gewöhnlich Feuerwehrfeier – an einem Ort jedoch, an dem die Nazis vor 50 Jahren 56.000 Menschen ermordeten: im ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme.

„Wenn in der Gedenkstätte wirklich ein Fest stattgefunden hat, ist das schrecklich“, wand sich gestern Behörden-Sprecher Tim Schleider peinlich berührt am Telefon, so etwas wäre niemals genehmigt worden. Noch versuche die Behörde aufzuklären, was wirklich geschehen ist. Eins hatte die vormittägliche Recherche aber bereits ergeben: Die Versammlung, die von der freiwilligen Feuerwehr beantragt worden war, lief anders ab, als die Kulturbehörde gedacht hatte.

Zur jährlichen Übung hatten sich auf Einladung der Vierlander Feuerwehr 23 Wehren (rund 200 Personen) aus Hamburg, Niedersachsen und Schleswig Holstein in Vierlande eingefunden. Nach getaner Arbeit sollte eine Zusammenkunft bei Suppe und Bier mit einer kleinen Siegerehrung stattfinden. Für den Gastgeber, Wehrführer Adolf Steffens, kein Problem: Nach langjähriger guter Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Gedenkstätte sah er in dem Klinkerwerk einen guten Ort für das Abschlußtreffen.

Nicht aber die Kulturbehörde – wenn sie gewußt hätte, daß es sich um ein Treffen mit Bierwagen und Blasmusik handeln würde. Davon, beteuerte Schleider, sei in dem Antrag keine Rede gewesen. Vielmehr habe man eine Versammlung genehmigt, bei der über die Gedenkstätte informiert werden sollte. Das ist auch geschehen: „Die Kapelle der Feuerwehr hat sechs getragene Stücke gespielt. Ich habe einen 15minütigen Vortrag zur Geschichte des KZ Neuengamme gehalten“, beschreibt Pastor Jürgen Köhler, der mit der Betreuung der Gedenkstätte befaßt ist, den Ablauf. Der Bierwagen, der auf das KZ-Gelände gerollt wurde, sei für ihn eine „ärgerliche“ Überraschung gewesen.

Peinlich berührt zeigten sich gestern auch der Chef der Hamburger Berufsfeuerwehr, Dieter Farrenkopf, und der Landesbereichsführer der freiwilligen Wehren, Hermann Jonas. „Wenig sensibel“, lautet deren einhelliger Kommentar.

Für Tim Schleider macht der Vorfall deutlich, daß die Gedenkstätte als Teil Hamburger Geschichte immer noch zu wenig präsent ist. „Zukünftig müssen wir einerseits mehr aufpassen, daß wir angemessen mit dem Ort umgehen, andererseits aber auch mehr Menschen dorthin bringen, um über dieses Stück Hamburger Vergangenheit zu informieren.“ Sannah Koch