Unbedingt für die Leinwand gemacht

■ Ein Gespräch mit Hans Christian Blumenberg, der heute Ophüls' „Reigen“ vorstellt

100 Jahre Kino. Aus diesem Anlaß stellen Hamburger Filmkritiker und Regisseure einmal monatlich im Abaton Kinowerke vor, die sie für wichtig halten. Der Exkritiker und Filmemacher Hans Christian Blumenberg hat sich für Max Ophüls' Der Reigen entschieden, der im französischen Original mit Untertiteln laufen wird.

Was reizt Sie an diesem Film?

Hans Christian Blumenberg:Der Reigen nach Arthur Schnitzlers berühmtem Theaterstück ist einer der elegantesten, erotischsten Filme der Kinogeschichte. Er hat eine große Eleganz der Kamerafahrten, des Einsatzes der Kräne, überhaupt der opulenten Bewegungen und zugleich natürlich der Besetzung. Er ist schon sehr lange einer meiner Lieblingsfilme. Es kommt hinzu, daß ich ihn nur auf Video habe. Ich habe ihn also ausgewählt, um ihn einmal wieder im Kino zu sehen. Denn das ist noch einer der Filme, die unbedingt für die Leinwand gemacht wurden.

Hat der Film für Sie Vorbildcharakter?

Ach, mit heutigen Mitteln ist das doch gar nicht mehr herzustellen, dazu brauchen Sie denn doch eine sehr üppige Ausstattung. In der Anfangseinstellung etwa fährt die Kamera ohne Schnitt sieben Minuten durch die unterschiedlichsten Dekors, und das mit großer Geschwindigkeit. Daran hat Ophüls sicherlich wochenlang gebastelt.

Die Produktionsbedingungen für ihren letzten Film „Rotwang muß weg“ waren ganz andere.

O ja, Rotwang ist mit Abstand mein bisher billigster Film. Er hat 390.000 Mark gekostet.

Trotzdem hat er gute Kritiken bekommen. Bietet also die Selbstbescheidung, die Entscheidung für kleine Produktionen, einen Weg, um in Deutschland noch Filme machen zu können?

Auf jeden Fall war es für uns ein Weg. Zusammen mit meinem Partner Patrick Brandt, mit dem ich die Rotwang-Filmproduktion gegründet habe, habe ich ja schon den nächsten Film abgedreht, Beim nächsten Kuß knall ich dich nieder, eine Kinokomödie. Das war auch kein teurer Film. Insgesamt glaube ich sehr stark, daß an den Rändern der Industrie Filme zu machen noch möglich sein müßte. Aber ganz ohne Finanziers kommt man nicht aus. Beim neuen Film etwa ist arte beteiligt, und es hat eine Unterstützung des Hamburger Filmbüros gegeben.

Das liefert das Stichwort für die letzte Frage. Was, glauben Sie, wird sich durch die Neugestaltung der Hamburger Filmförderung für die Filmemacher ändern?

Also, wir Regisseure fragen uns schon, warum eine so erfolgreich arbeitende Institution wie das Filmbüro unbedingt in eine neue Filmförderungs-GmbH überführt werden mußte. Ich gebe zu, die politischen Hintergründe nicht mehr zu durchschauen. Die gegenwärtige Entwicklung betrachten wir Filmemacher jedenfalls mit großer Skepsis. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der neuen GmbH legt die Vermutung nahe, daß Hamburgs unabhängige Filmszene an den Rand gedrückt werden soll. Hier scheinen sich die Verwer-tungsinteressen des Fernsehens durchzusetzen. Wir sehen die Gefahr, nur noch als Alibi vorzukommen; das hat in der Filmszene helles Entsetzen ausgelöst. Allerdings muß man abwarten, wer der neue Geschäftsführer der GmbH wird.

Fragen: Dirk Knipphals

Abaton-Kino, heute, 20.15 Uhr