Das Portrait
: Der Mann, aus dem die Siege sind

■ George Stephanopoulos

Er ist der Mann für den Endspurt: George Stephanopoulos weiß, was man in den letzten neunzig Tagen vor einer Wahl tun muß, um zu gewinnen – das hat er bewiesen, als er US-Präsident Bill Clinton nun zum zweiten Mal zum Wahlsieg verhalf. Er ist ein Meister der Taktik, paßt seine Strategie jeweils den täglichen Erfordernissen an. Sein offizieller Titel ist „Chefberater des Präsidenten“. Jetzt will Stephanopoulos seine Dienste dem britischen Labour-Chef Tony Blair zur Verfügung stellen.

Der ist hocherfreut. „Wir kennen ihn und halten sehr viel von ihm“, sagte einer aus Blairs Wahlkampfteam. Stephanopoulos, ein Freund von Blairs Wahlkampfmanager Peter Mandelson, meinte: „Ich habe ihnen gesagt, daß ich für Blair gerne dasselbe tun würde, das ich für Clinton getan habe.“ Bei den Tories gibt es lange Gesichter. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, daß der Chefberater einer befreundeten Regierung seine Dienste einer Opposition im Ausland anbietet.

Der 35jährige Stephanopoulos stammt aus Cleveland in Ohio. Sein Vater, der aus Griechenland in die USA gekommen war, sowie sein Großvater waren griechisch- orthodoxe Priester, und eigentlich wollte auch er diesen Beruf ergreifen. Er erhielt – wie Clinton – ein Rhodes-Stipendium für die englische Universität Oxford, wo er politische Theologie studierte und sich als Ringer und Fußballer hervortat. Dann ging er nach Washington und arbeitete während der Reagan- Jahre als Kongreßangestellter. Er war einer der Strategen hinter der verheerenden Werbekampagne, die dem Demokraten Michael Dukakis 1988 den Weg ins Weiße Haus ebnen sollte.

Vier Jahre später zog Stephanopoulos mit Clinton dann doch noch in sein Traumhaus ein. Seither gehört er zu den engsten Freunden der Clintons, auch wenn er von seinem Posten als Pressesprecher des Weißen Hauses schon nach sechs Monaten abgelöst wurde, weil er in den Pressekonferenzen eine schlechte Figur gemacht hatte.

Jetzt sei er ausgebrannt, sagt Stephanopoulos: „Es lief alles prima, aber nun kann ich nicht mehr.“ Nur für Tony Blair soll es noch reichen. Sein Angebot ist bei der Labour Party allerdings nicht auf ungeteilte Freude gestoßen. Viele Kritiker werten es als Zeichen für übermäßige Clintonisierung. Ralf Sotscheck