Bon Jovi im Doppelpack

■ Wo früher der Techno-Tempel „Drome“ stand, öffnet nun das „Gate“ die Pforten zum Mainstream-Rock

Fuhr man in letzter Zeit mit dem Fahrrad an den ehemaligen Örtlichkeiten des geschlossenen Szeneclubs „Drome“ vorbei, war das ein gefährliches Unterfangen. Ständig liefen unvermittelt schwer arbeitende Menschen auf die Straße, die schwere Dinge hinein oder heraustrugen. Der Ruf „Vorsicht, Meister!“ konnte meist waghalsigen Ausweichmanövern nicht vorbeugen.

Die Geschäftigkeit hatte selbstverständlich einen guten Grund. Was einst das „Drome“ war, sollte das „Gate“ werden. Das Quartett Holger Brunken, Yvonne Wesler, Arne von der Heydt und Jürgen Brunken hat sich der guten Adresse in der Eduard-Grunow-Straße 28 angenommen. In verschiedenen Positionen arbeiteten sie zuvor alle im „Stubu“. Enttäuscht von der Mainstreamlastigkeit des Bremer Discobetriebs und wohl vor allem ihres eigenen Arbeitgebers, wollten sie es in Eigenregie besser machen. Bloß kein Techno oder HipHop hatte man sich vor genommen und wollte ein Publikum ansprechen, das es rustikalen liebte.

Begehrte man zur Eröffnung des neuen Clubs am vergangenen Freitag Einlaß stand man gleich im Stau. Viele waren den Werbeaufrufen gefolgt und so war das „Gate“ weniger ein Tor, als ein proppevoller Tunnel. So konnte man sich gezwungenermaßen beim beschwerlichen Weg zur Theke das Publikum von ganz nahem Ansehen: Keine Techno- und HipHop-Kids, eigentlich überhaupt keine Kids, viel Volk in den mittleren wie späteren 20ern und aufwärts. Lange, gewellte Haare dominierten geschlechterübergreifend, nur vereinzelte kurzhaarige Girlies mit Knöpfchen-Piercing in Nase und/oder Augenbraue samt passender Boy-Begleitung mit Stoppelschnitt, Hornbrille und Ringel-T-Shirt. Der langhaarige Teil des Publikums fühlte sich pudelwohl, denn Rock der gefälligen Schule wird im „Gate“ groß geschrieben. Hitparadenkompatibler Punk von „Green Day“ oder „Gun“ schien schon gewagt, „Metallica“-Balladen hörte man öfter, und „Bon Jovi“ gabs sogar im Doppelpack. Das alles aus flott kurvenreich designten Boxen, die Dolby-Surround-Sound draufhaben, weshalb es ab demnächst auch exzessive Filmnächte geben wird (beispielsweise alle drei „Stirb langsam“-Filme hintereinander).

Die Rockmentalität setzt sich im rustikalen Dekor fort, das auch aus der Heavy-Metall-Ecke stammen könnte. Hinter der Theke wecken gefälschte Steinwände und grobschlächtige Torimitationen Kerkeratmosphäre und schlagen den Bogen zum Namen „Gate“. Was mit den stilisierten Dimensionstoren auf Plakaten und Flyern ein wenig esoterisch aus der Tarot-Hotline zustammen scheint, macht im Gesamtbild bodenständigen Sinn.

Am Tresen konnte man bereits die Party-Crowd, die lediglich zur Eröffnung gekommen war, vom zukünftigen Stammpublikum unterscheiden. Die Event-Jäger tranken Sekt und Mixgetränke, das Stammpublikum hielt sich an gezapftes Bier. Auf der Tanzfläche, illuminiert von rustikaler Lichtorgel und extravagantem Laser, verstanden sich die Lager erstaunlich gut: da tanzte schonmal jemand zum „Bon Jovi“-Hit, obwohl er zuvor noch Witze darüber gerissen hatte. Für Überraschungen sorgte die Nebelmaschine: Ohne Vorwarnung bließ sie plötzlich Nebelgeysire in Richtung Decke und nebelte dabei mehr die Sitzplätze neben der Tanzfläche als die Tanzfläche selbst ein. Nach anfänglichem Schrecken, ob da vielleicht eine Leitung kaputt ist oder Feuer ausbricht, geriet der Apparat jedoch zum Party-Spaß.

Will das „Gate“ auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen, wird es mit Sicherheit sein Publikum finden bzw. behalten. Wo dabei allerdings die angekündigte Distanz zum Mainstream bleibt, ist schleierhaft. Andreas Neuenkirchen

Gate öffnete die Pforten in der Eduard von Grunow-Straße in kkkk