„Normaler“ Poker um STN Atlas

■ Mannesmann ist sie zu teuer, andere wollen nur Teile der Firma

Um die ehemalige Vulkan-Tochter STN Atlas Elektronik wird mit harten Bandagen gepokert. Offenbar hat Mannesmann, der Lieblingskandidat der Arbeitnehmer und der Bremer Politik, erstmal einen Rückzieher gemacht. Die halbe Milliarde Mark, die Vulkan-Konkursverwalter Jobst Wellensiek für die einstige Perle im Werftenkonzern fordert, ist den Düsseldorfern nach eingehender Prüfung der Bücher wohl zu teuer.

Bleibt ein Konsortium aus Rheinmetall und British Aero-space. Kämen diese Kandidaten zum Zuge, so ein Kenner der Branche, „wäre das schlimm, weil sie nur an der Rüstungsproduktion Interesse hätten.“ Folge wäre wohl über Kurz oder Lang eine Zerlegung der Firma.

Noch sei nichts entschieden, klingt es dagegen beruhigend aus der Sebaldsbrücker STN-Zentrale. Zwar führten Wellensiek und die Maklerfirma Rothschild die Verkaufsverhandlungen als Geheimsache, ohne Geschäftsleitung oder Aufsichtsrat einzubeziehen. Doch das sei in Ordnung, weil so nicht im Feilschen um Preise und Zusagen neue Besitzer verprellt würden.

Die Arbeitnehmer-Vertreter im STN-Aufsichtsrat sind jedoch hellhörig geworden und bekräftigen ihre Forderungen: „Der Erhalt des Gesamtunternehmens hat für uns oberste Priorität“, so Inge Lies-Bohlmann, Aufsichtsrätin für die IG Metall. Es sei sinnlos, STN Atlas zugunsten eines höheren Preises einem „Windhund zu geben, der das Unternehmen zerschlägt“, sekundiert Aufsichtsrat Hartmut Frensel (Deutsche Angestellten Gewerkschaft). Da müsse man den Preis moderater gestalten, um Arbeitsplätze zu sichern und die Entscheidungsebene des Unternehmens in Bremen zu halten. STN Atlas möglichst teuer zu verkaufen, um den maroden Schiffbau im Konkursverfahren Luft zu verschaffen, sei abwegig, sagt Frensel: „Wir haben 250 Millionen Mark beim Vulkan-Konkurs verloren, das reicht uns“.

Im Dilemma steckt nun Wellensiek. Denn er ist verpflichtet, neben den bremischen auch die Interessen der Vulkan-Gläubiger zu bedenken. Jede Million, die er einem gewünschten Übernehmer vom höchten angebotenen Kaufpreis nachläßt, könnte für den Konkursverwalter teuer werden. Gläubiger könnten ihn auf Schadenersatz verklagen, weil er nicht alles getan hat, um ihr Geld wiederzubeschaffen.

Doch Wellensiek wird sich von dem Gezerre um STN kaum seinen 65. Geburtstag vermiesen lassen, den er heute in Heidelberg feiert. Schließlich hat der Anwalt seit 1964 mehr als 350 Insolvenzfälle bearbeitet. Auch bei STN Atlas verneint man Differenzen mit Wellensiek: Was da laufe, sei ein normales Pokerspiel. Es gehe ja nicht nur um drei Mark fünfzig. jof