700 Milliarden Mark für das Klimaziel

Eine Studie für das Wirtschaftsministerium zeigt, daß der CO2-Ausstoß bis 2005 nur um ein Viertel gesenkt werden kann, wenn Häuser für 700 Milliarden Mark isoliert werden  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Kanzler Helmut Kohl hat auf dem Klimagipfel 1995 in Berlin ein offenbar teures Versprechen abgegeben. Der CDU- Politiker versprach damals, daß die Bundesrepublik die klimaschädlichen Emissionen von Kohlendioxid bis 2005 um ein Viertel senken würde gegenüber 1990. Ein noch unveröffentlichtes Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Ifo-Instituts in München kommt jetzt zu dem Ergebnis, daß dafür in den kommenden Jahren rund 700 Milliarden Mark zur Sanierung der Altbauten ausgegeben werden müßten. Nur bei der Sanierung der Altbauten bestünden noch Chancen, genug Energie einzusparen und das Klima wie geplant zu entlasten. Ohne diese massive Sanierungsanstrengung sei das Versprechen des Kanzlers nicht einzuhalten, so Bernhard Hillebrand, Projektleiter für die Studie beim RWI. Er empfiehlt, lieber den Zeitplan für die Erreichung des Ziels nach hinten zu verschieben. Das käme billiger.

Das noch nicht fertige Gutachten hat inzwischen in Bonn einige Unruhe ausgelöst. Michaele Hustedzt, umweltpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, bringt es auf eine einfache Formel: „Das Gutachten dient zur Abschreckung. Das Wirtschaftsministerium hat sich nur bestätigen lassen, daß das Klimaschutzziel nicht zu erreichen ist.“

Im Bundeswirtschaftsministerium versucht man den Pessismismus der Ökonomen und die Vorwürfe aus der Politik zu zerstreuen. Schon wenn die von der Bundesregierung geplanten 109 Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt würden, würden die Emissionen im Jahr 2005 um 17 Prozent unter dem Stand von 1990 liegen. Die noch fehlenden acht Prozent seien auch noch zu holen.

Im Rexrodt-Ministerium denkt man an eine vermehrte Kraft-Wärme-Koppelung zwischen Industrie und Kommunen, nicht genauer beschriebene größere Anstrengungen in der Verkehrspolitik und den Verzicht auf die Verbrennung heimischer Braun- und Steinkohle. Die Kohle könnte in modernen Kraftwerken durch Gas ersetzt werden, das bei der Verbrennung weniger CO2 freisetzt.

Auch den Vorwurf, die Klimapolitik mit Horrorzahlen politisch zu erschweren, weist das Ministerium weit von sich. Während die Gutachter sagen, ohne das Crash- Programm zur Sanierung der Altbauten gehe es nicht, behaupten die Auftraggeber im Ministerium, es müsse auch mit weniger gehen.

Zudem denkt man über eine andere Interpretation des Kohlschen Versprechens nach. Die deutsche Bevölkerung werde von 1990 bis 2005 um vier Millionen Menschen wachsen. Pro Kopf gerechnet, hat jeder Deutsche seine Emissionen schon um 25 Prozent verringert, wenn alle Deutschen zusammen erst ein Minus von 21 Prozent erreicht haben. Ob der Kanzler bei seinem Versprechen die vier Millionen Deutschen einfach übersehen hatte, konnte gestern im Kanzleramt nicht mehr geklärt werden.

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