Ausstellungsreifer Tod

Ein neues Museum auf dem Friedhof Ohlsdorf gibt einen Überblick über 120 Jahre Sepulkralkultur in Hamburg  ■ Von Christine Andersen

Die heidnischen Germanen betteten ihre Verstorbenen in Hünengräber. Im alten Ägypten wurden den Pharaonen riesige Pyramiden erbaut. Im heutigen Wien ist ein Gang über den Zentralfriedhof dank gehässiger Grabsprüche fast ebenso amüsant wie der Prater. Und wie verhält es sich in Ohlsdorf?

Der größte Parkfriedhof der Welt hat seit gestern ein Museum, in dem 120 Jahre Hamburger Trauerkultur dokumentiert sind. Das hat in Europa Seltenheitswert, lediglich in Wien und Kassel widmen sich Dauerausstellungen dem Tabuthema Tod.

Von morbider Atmosphäre ist in Ohlsdorf nichts zu spüren. Das Museum ist in einem Nebengebäude untergebracht, das ursprünglich als Toilettenhaus für die Friedhofsverwaltung genutzt wurde. In den drei kleinen hellen Ausstellungsräumen zeugen auf 60 Quadratmetern historische Friedhofspläne, aufwendig verzierte Urnen, Grabmal-skulpturen und Fotografien vom Friedhofsalltag. Eine Vitrine beherbergt künstliche Hüftgelenke und Herzschrittmacher, die nicht mit in die Urne kommen. Zusammengetragen wurden die sepulkralen Gegenstände vom Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof, der auch die personelle Betreuung des Museums übernommen hat.

Gleich am Eingang steht die düster gekleidete Figur eines „Reitenden Dieners“, eine Tracht, die manchmal noch heute bei Sargträgern zu sehen ist. An der Wand hängen grüne und graue Mützen, daneben steht eine Gärtnerpuppe im Blaumann. „Also, solche Mützen holen wir heute nur noch bei Regen aus der Schublade,“ verrät Herbert Blümke, Friedhofsgärtner seit 23 Jahren. Er und seine Kollegen pflanzen nach festen Regeln, denn über die Harmonie der Gräber wacht die Friedhofsverwaltung. „Schön sind gleichartige Grabmale“, bestätigt Kunsthistorikerin Barbara Leißner, die die Ausstellungsräume mitgestaltet hat. Daß die Ästhetik der Gleichförmigkeit in Ohlsdorf hier und da durch einen Plastiküberzug über dem Marmorstein getrübt wird, scheint nicht zu stören. „Das ist wohl wegen des Wetters“, begütigt der Friedhofsgärtner.

Läuft eine Grabpflege ab, bietet die Friedhofsverwaltung besonders erhaltenswerte Grabmale zum neuen Erwerb an. Kann man in ferner Zukunft also den Grabstein von Hans Albers kaufen? Er gehört neben Philipp Otto Runge und Alfred Lichtwark, Ida Ehre, Wolfgang Borchert oder Gustaf Gründgens zu den vielen Prominenten, die in Ohlsdorf ihre letzte Ruhe fanden. In der Ahnengalerie des Museums wird auch an sie erinnert.

Die Austellungsräume sind montags, donnerstags und sonntags, jeweils von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Heute, morgen und am Samstag werden jeweils um 14 Uhr Museumsführungen mit anschließendem Friedhofsrundgang angeboten. Am Sonntag, den 24. November, findet im Krematorium, Halle C, eine Podiumsdiskussion zum Thema „Friedhof ohne Grabmale?“ statt.