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: Einlullend

arte-Themenabend „Internet“, Di, 21.40 Uhr

Weil sich der raumlose Raum des weltweiten Computernetzwerkes der Darstellung im TV verweigert, behalf sich Martin Messonniers gut zweieinhalbstündige Dokumentation mit exzessivem Einsatz von elektronischen Effekten und mit Talking Heads. Sattsam bekannte Netzexperten wie Wired- Herausgeber Louis Rosetto oder der amerikanische Futurist Alvin Toffler redeten und redeten und redeten – oft unterbrochen von elektronischem Geflacker und mit Techno unterlegt.

Das Internet erschien als ein Symptom männlicher Hysterie (Frauen kamen im Film nicht vor), dem beliebige Attribute zugeschrieben werden können: ein „riesiges Kunstwerk“ und eine „multidimensionale Demokratie“, die u.a. „Afrika aus seinen Fesseln“ befreien wird. Der aus Funk und Fernsehen bekannte Internet-Hype also, der langsam seine mediale Halbwertszeit erreicht hat.

Wesentlich gelungener der Dokumentarfilm, der sein Thema – von Menschen geschaffene Welten ohne die Unzulänglichkeiten des wirklichen Lebens – zur Methode machte: „Synthetic pleasures“, eine Dokumentation ohne aufklärerische Absicht, bestand aus einem ununterbrochenen Strom von Bildern, die von körperlosen Stimmen aus dem Off kommentiert wurden.

Computersimulationen, Spielcasinos in Las Vegas, Techno-Raves, eine Hochzeit im Cyberspace und Gehirn-Scans schlossen sich zusammen zu einer anschaulichen Darstellung eines technologisch-künstlichen Paradieses – die nebenbei so einlullend war, daß der Rezensent über die virtuellen Traumbilder, nun ja, einnickte. Über „Cyber Guerilla“, den letzten Film des Abends, muß daher geschwiegen werden. Tilman Baumgärtel