■ Am Rande
: IG Medien: Presserat wird überschätzt

Stuttgart/Bonn (AP/taz) – Ausgerechnet zum gestrigen 40. Jahrestag der Gründung des Deutschen Presserates hat die IG Medien das Selbstkontrollorgan der deutschen Zeitungen als „vielfach überschätzt“ kritisiert. In einer Erklärung der Fachgruppe Journalismus der Gewerkschaft heißt es insbesondere, das Gremium werde „seinen eigenen Anforderungen nicht gerecht“.

Der Presserat beschäftige sich mehr mit einer moralischen Bewertung, statt sich der notwendigen Schaffung und Wahrung von Freiräumen für verantwortliches journalistisches Handeln zuzuwenden, urteilte die Gewerkschaft. „Wenn Verlage vor allem darauf schauen, die Auflagen in die Höhe zu treiben, um bessere Anzeigenpreise erzielen zu können, haben ethische Maßstäbe keinen Platz in den Redaktionen mehr.“

Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth rief anläßlich einer Festveranstaltung im Bundestag Politik und Medien zu mehr Anstrengungen auf, um die Grundfesten der Demokratie in Deutschland zu festigen. Die Verantwortung der Politik und der Medien seien größer geworden. Eindringlich warnte Süssmuth vor einer Verflachung der Berichterstattung über gesellschaftliche und politische Zusammenhänge. Der journalistischen Sorgfalt müsse Vorrang vor der Sensation eingeräumt werden. „Die Politik muß dem Bürger intellektuell mehr zutrauen, und die Medien müssen stärker auf Hintergund und Information setzen.“

Der Sprecher des Presserates, Robert Schweizer, kritisierte in seiner Rede Einschränkungen der Pressefreiheit durch Gerichtsurteile. „Das Rechtsgefühl der Richter führt zur Zeit eher dazu, daß die Pressefreiheit zurückgedrängt wird“, sagte Schweizer. Oft gerate das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des einzelnen ins Hintertreffen.

Der Deutsche Presserat ist paritätisch von Verlegerseite und Journalisten besetzt und betrachtet es als seine Aufgabe, Mißstände im Pressewesen festzustellen und auf deren Beseitigung hinzuwirken. In begründeten Fällen reagiert er auf Beschwerden mit öffentlichen Mißbilligungen und Rügen.