Sechs weitere Großkinos

■ Thomas Mirow im Interview: Der Stadtentwicklungs- und Mediensenator über Cinemaxxe und den Kino-Bau-Boom zwischen Altona und Harburg

taz: Herr Mirow, wie oft gehen Sie im Monat ins Kino?

Thomas Mirow: Leider viel zu selten, vielleicht fünfmal im Jahr.

Ihr Freizeitverhalten wird Investoren wie Betreiber der zahlreichen geplanten neuen Hamburger Großkinos herb enttäuschen. Ist der prophezeite Kino-Boom am Ende des 20. Jahrhunderts ein Irrtum?

Glücklicherweise gibt es außer mir noch 1,7 Millionen Hamburger, die die Säle füllen können. Richtig ist aber, daß gegenwärtig tatsächlich mehr Kinos – ich rede hier von den Multiplex- und Cinemaxx-Projekten mit 1000, 2000 Plätzen – geplant werden als die wachsende Nachfrage erfordern würde.

Müßten Sie als Stadtentwicklungssenator da nicht steuernd eingreifen?

Das tue ich durch zahlreiche Gespräche und mit Hilfe – allerdings begrenzter – rechtlicher Instrumente. Aus städtischer Sicht halte ich einen Verdrängungswettbewerb für schädlich. Der führt zwangsläufig zu Vorhaben, die unwirtschaftlich sind...

... und deshalb womöglich als Kino-Ruinen über Jahrzehnte ungenutzt leerstehen. Eine ähnliche Fehlplanung hat es zuletzt bei Bürogebäuden gegeben.

Zunächst: Hauptsächlich stehen alte Büros leer, weil sie den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Aber das ist ein anderes Thema. Was die Kinos betrifft, sehe ich durchaus die Gefahr einer regionalen Überlastung. Ich halte zum Beispiel drei neue Großprojekte in Altona – Zeise II, Gasstraße und Behringstraße – für zuviel.

Wieviele weitere Großkinos verträgt Hamburg denn?

Wir haben derzeit drei: am Grindel, am Dammtor und am Gänsemarkt. In den kommenden fünf bis acht Jahren halte ich etwa sechs weitere Großkinos in ganz Hamburg für realistisch, ohne daß wir Gefahr des over-screening laufen. An der Mundsburg und in Harburg sind die Planungen sehr konkret.

Woher sollen die vielen Zuschauer denn kommen?

Im Großstadtvergleich bewegt sich Hamburg mit seiner Kinodichte immer noch im unteren Mittelfeld; Steigerungsraten sind wahrscheinlich. Die Unternehmen halten es für möglich, künftig auch die mittleren Jahrgänge wieder vom Fernseher weg- und ins Kino zu locken. Komfortaspekte spielen da sicher eine Rolle. Zur Zeit gehen hauptsächlich ganz junge Leute ins Kino.

Sie nehmen zugleich die Verdrängung kleinerer Kinos billigend in Kauf.

Ich kann keinen uneingeschränkten Bestandsschutz für Kleinkinos bewirken – auch hier gelten die Regeln des Wettbewerbs. Die Kulturbehörde vergibt aber eigene Fördermittel. Außerdem: Für die Programmkinos wird es immer eine Nische geben, allein schon wegen ihres besonderen Angebots.

Fragen: Heike Haarhoff