■ Wer wußte von den Schiebereien beim Vulkan-Konzern?
: Bremisierte Zahlen

Als Birgit Breuel, ehemalige Wirtschaftsministerin von Niedersachsen, als Treuhand-Chefin eingesetzt wurde, waren deutsche Industriebosse voll des Lobes. Die Tochter des Hamburger Bankiers Münchmeyer, langjähriger Vorsitzender des Deutschen Industrie- und Handelstages und des Bankenverbandes, bringe alle wichtigen Erfahrungen für den Posten bei der Treuhand mit. Sie, hieß es, kenne sich in der deutschen Industrie aus, wisse um die Anliegen der Unternehmer und habe gute Kontakte in die Führungsetagen. Wohl wahr, wie man sieht. Denn genialer als über den Umweg Ostdeutschland hätte man der westdeutschen Industrie keine Steuergelder zuschanzen können. Allein durch den Betrug beim Bremer Vulkan sicherte Breuel den westdeutschen Großbanken garantierte Rückzahlungen Jahre zuvor ausgezahlter Kredite. Die Banken saugten den von seiner Gründung an maroden Bremer Vulkan über die defizitären Westtöchter wie Dörries Scharmann aus.

Der Vulkan hatte Dörries von der ebenfalls in die Bredouille gekommenen Metallgesellschaft übernommen. Die jedoch gehört de facto der Deutschen Bank – ebenso wie die Schulden der ehemaligen Tochter Dörries Scharmann. Wer die besitzt, muß auch ihre Schulden begleichen. Und der Banken liebste Ziehtochter Breuel sicherte über die Treuhand den Nachschub für den Abtrag.

Der Bundesrechnungshofbericht hat längst erwiesen, daß bereits vor Vertragsunterzeichnung mit dem Vulkan die Treuhand Milliarden an Steuergeldern an den Konzern überwiesen hatte. Schon damals ohne eine einzige Garantie. Dabei waren Birgit Breuel die Tricks des Bremer Vulkan bekannt – er liegt direkt vor ihrer niedersächsischen Haustür. Seit den achtziger Jahren pfiffen es zudem die Spatzen auch von niedersächsischen Reetdächern, daß beim Vulkan Zahlen und Daten bremisiert wurden – auf hochdeutsch: gefälscht.

Dabei unterstand Breuel immerhin der Bundesregierung. Finanz- und Wirtschaftsministerium werden also auch über die Schiebereien von Ost nach West gewußt haben. So wirft der Bremer Vulkan – bislang größter Skandal der Treuhandanstalt – ein erschreckendes Licht auf die Verflechtung von Industrie und Politik in Deutschland. Weder Breuel noch ein einziger Bonner Politiker wurde bislang wegen des nachgewiesen wissentlichen Betrugs belangt. Ulrike Fokken