Jeder hat einen Schuß!

■ Militant Reisen in die Ukraine, denn „das Militär braucht Geld“. Ein Offizier vor Ort begleitet die Freizeit-Militaristen beim Panzerfahren und Schießen

Wer schon immer mit einem Kampfflugzeug an der Grenze der Stratosphäre düsen, mit einem Panzer fahren oder ein Scharfschützengewehr abziehen wollte, darf sich nun austoben. Der Hamburger Andreas Rotsolk bietet seit Anfang des Monats allen Militärfreaks die Möglichkeit, sich mit den verschiedensten Waffensystemen der ukrainischen Armee vertraut zu machen. Kostenpunkt: ab 8.000 Mark aufwärts. Besondere Attraktion ist ein Flug mit zweifacher Schallgeschwindigkeit in 18.000 Meter Höhe an Bord einer der russischen Kampfmaschinen MiG-29, Su-25 oder Su-27. Eine dreitägige Reise, die einen halbstündigen Flug mit der MiG zum Höhepunkt hat, ist für 9.000 Mark zu haben. Ein Ausflug mit der moderneren Su-27 erhöht die Reisekosten schon auf 15.000 Mark. Das Geld muß vor Antritt der Reise komplett eingezahlt werden.

Der Anbieter dieser „Schießreisen“ arbeitet in einem kleinen Büro im Hamburger Stadtteil Barmbek. Der 33jährige Andreas Rotsolk hatte bis zuletzt verschiedene Hausmeisterdienste – vor allem Klempnerarbeiten – angeboten. Diese Tätigkeit will er allerdings jetzt aufgeben. Über Freunde, einen ukrainisch-deutschen Mitarbeiter und dessen Verbindungen knüpfte er Kontakte zu einem ukrainischen General, der die Organisation der Touren vor Ort übernahm.

Auf einem Militärgelände – eine Stunde Fahrt von Kiew entfernt – können Schießfreudige auch ohne Waffenschein nach einer kurzen Vorbereitung zur Waffe greifen. Geschossen werden kann beispielsweise mit Pistolen, Kalaschnikows, einem schweren Maschinengewehr sowie einem Scharfschützengewehr. Anschließend hat man noch Zeit, bis zum Mittagessen in der Kaserne drei Granatwerfer zu testen. Im Programm steht außerdem: „Panzer fahren und mit dem Panzer schießen“. Allerdings nur ein Schuß, denn „ein Panzerschuß kostet schon 1.000 Mark“, meint Rotsolk. Nach dem Abendessen wird dann noch ein „Nachtschießen mit dem Panzer und aus Infrarotgewehren“ angeboten. Militant-Reisen also rund um die Uhr.

Versichert sind bei dem Trip nur die Flüge. „Der Umgang mit Waffen und Militärfahrzeugen ist nicht ungefährlich“, warnt Rotsolk seine Kunden. „Ich gehe aber davon aus, daß es nicht gefährlicher ist, als bei der Bundeswehr.“ Ohnehin würde er solche Reisen lieber gleich in Deutschland anbieten. „Aber hier ist alles kompliziert“, meint Rotsolk. Er selbst habe in seinem Leben lediglich ein Kleinkalibergewehr in der Hand gehabt. Zweimal habe er das Militärgelände besichtigt, das Reiseprogramm aber nicht absolviert. Wie die Reisen mit den ukrainischen Militärbestimmungen zusammenpassen, könne er nicht sagen. Das hätten die Ukrainer selbst geregelt, Probleme gebe es keine. Dafür komme den Militärs ein stattlicher Teil vom Erlös zu. „Die brauchen Geld“, so Rotsolk.

Der erwünschte Kundenansturm blieb trotz 8.000 „in den besseren Vierteln von Hamburg“ verteilten Flugblättern aus. Zwar hätten über 150 Leute, davon neun Frauen, nachgefragt, nur vier von zehn Plätzen für die erste Reise Ende November seien jedoch gebucht. Den Rest werden bei der ersten Tour wahrscheinlich Fernsehteams stellen. dpa