Im Regen stehengelassen

Mit dem 3:1 über Leverkusen feiert St. Pauli den vierten Erfolg in Serie über die Rheinländer  ■ Von Eberhard Spohd

Schon seit Wochen hatten die Leverkusener Angst davor, gegen den FC St. Pauli anzutreten. Noch nie waren sie von dort erfolgreich nach Hause zurückgekehrt. Weder das nach einer Serie von zehn Spielen ohne Niederlage gewachsene Selbstvertrauen noch die Brachialpsychologie ihres Trainers Christoph Daum konnten diese Furcht vertreiben. So nahm das Schicksal auch dieses Mal wieder seinen Lauf.

Nach 15 Minuten wären die Bayer-Kicker am liebsten wieder vom Platz gegangen, denn zu diesem Zeitpunkt stand es schon 2:0 für St. Pauli durch einen Kopfball von André Trulsen und einen Fernschuß von Martin Driller. Dabei war zumindest der zweite Treffer, ein technisch nicht allzu sauberer Volley aus fast 25 Metern, haltbar. Er sei auf dem nassen Boden weggerutscht, beteuerte später Torhüter Dirk Heinen. Spätestens da war klar, daß auch das Wetter ein Verbündeter der Millerntor-Elf ist. Wenn der feine Niesel einsetzt, der scharfe Wind durchs brüchige Stadion pfeift und dem Gegner die Kälte in die Knochen kriecht, dann blüht St. Pauli auf und läßt den Geg-ner im Regen stehen.

Leverkusens Star-Ensemble zeigte nie die Qualitäten, die es in den letzten Wochen auszeichnete, Spielwitz und Geistesblitze wurden verzweifelt gesucht gegen die wie immer kämpferisch eingestellten Paulianer. Vor allem Stephan Hanke stellte wieder unter Beweis, daß er der legitime Nachfolger von Berti Vogts ist. Er hängte sich an Paolo Sergio und neutralisierte den Kopf des rheinländischen Angriffsspiels. So entwickelten sich die gefährlichsten Situationen vor Thomfordes Tor aus Freistößen.

Was den Leverkusenern nicht so recht gelang, damit überraschte St. Pauli. Die Mannschaft begann zu spielen. Und irgend jemand mußte ihnen erklärt haben, wie man kontert. Allein Pisarev hätte zwei Tore erzielen können. Am Ende zeigte ihm dann ein Leverkusener, wie man es richtig macht. Einen verunglückten Schuß von Emerson grätschte Christian Wörns unhaltbar ins eigene Tor. Zehn Minuten vor Schluß war damit die Entscheidung gefallen, das Ehrentor von Sergio interessierte niemanden mehr. Zu diesem Zeitpunkt kannte die Freude der Fans schon längst keine Grenzen mehr. Am glücklichsten war Trainer Uli Maslo: „Unsere Arbeit ist es, den Fans Freude zu bereiten. Wenn uns das gelingt, freue ich mich am meisten.“

Bei St. Pauli muß man sich indes die Frage stellen, ob der Umzug ins Volksparkstadion bei Spitzenspielen nicht doch ein Fehler war. Präsident Heinz Weisener deutete denn auch schon an, daß zumindest das Match gegen Hansa Rostock wieder ans Millerntor zurückverlegt werden soll. Aber am Freitag kommt erst einmal der starke Aufsteiger VfL Bochum. Und Weiseners Vize Christian Hinzpeter wünschte sich für dieses Spiel nur eins: schlechtes Wetter.