Schneller heim mit der AmpelCard

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist nicht gerade berühmt für fortschrittliches Agieren in Sachen Rad- und Fußverkehr. Außer großflächigen Tempo-30-Gebieten hat sie diesen Verkehrsteilnehmern wenig zu bieten. Einbahnstraßen, in denen Radler in Gegenrichtung fahren dürfen, oder Radfahrstreifen auf der Fahrbahn muß man lange suchen. Von sogenannten Fahrradstraßen gar (d.h. zu Radwegen erklärte Fahrbahnen, auf denen der Kfz-Verkehr nur gastweise zugelassen ist) haben die meisten Hamburger Verkehrsplaner, im Gegensatz zu ihren Kollegen in Frankfurt, Hannover, Troisdorf oder Münster, noch nie etwas gehört.

Nun aber schickt sich Hamburg an, mit Hilfe der Telematik ein wenig aufzuholen und dabei gleichzeitig die Stadtkasse zu füllen. In vorerst zwei der sieben Hamburger Bezirke wurden sämtliche Ampeln mit Lesegeräten ausgestattet, an denen mit einer Chipkarte die Grünschaltung beschleunigt werden kann. Zu erwerben ist die AmpelCard von allen Fußgängern und Radlern bei allen Bezirksämtern. Von einer gewöhnlichen Telefonkarte äußerlich kaum zu unterscheiden, verbirgt sich auch bei der AmpelCard der Clou im Mikrochip auf der Karte: Er löst das FußgängerGRÜN innerhalb von maximal fünf Sekunden aus. Pro beschleunigter Grünschaltung werden 12 Pfennig vom Guthaben abgezogen. Eine 12-Mark-Karte reicht also für 100 Grünschaltungen.

ADFC und VCD waren in ersten Stellungnahmen nicht sehr angetan von diesem Modell. Es sei nicht einzusehen, weshalb gerade umweltfreundliche Verkehrsteilnehmer durch zusätzliche Kosten wieder benachteiligt werden sollen. Schon heute seien Ampelschaltungen ausschließlich auf die Interessen des motorisierten Verkehrs ausgerichtet, häufig auf Kosten der Schnelligkeit und Sicherheit aller anderen. Gerechtere Ampelschaltungen seien daher eine Selbstverständlichkeit und dürften keine Frage des Geldes sein.

Von seiten der Politik wird solchen Äußerungen wie üblich wenig Verständnis entgegengebracht. Vielmehr ist geplant, bis Herbst 97 alle Hamburger Ampeln mit Lesegeräten auszustatten. Weitere Städte haben bereits Interesse an der AmpelCard angemeldet und beraten bereits über den Zeitpunkt der Einführung.Text und Fotos: Ulf Dietze