Eine gewisse Tendenz zum Bösartigen

■ Das Octopus-Label bringt seine Comic-Version von Electronic-Listening-Spielarten

Wieder einmal ist das Böse anziehender als die kreuzguten Helden. Zusammen mit John Grandorge gründete Richie alias DJ QC in der ostenglischen Grafschaft Suffolk ein Label, um es nach dem achtarmigen Bösewicht und nicht etwa nach den Titelhelden aus The Fantastic Four zu nennen. In diesem Klassiker unter den Marvel-Comics tritt Dr. Octopus, fett und häßlich gezeichnet, als Gegenspieler der vier Superhelden an, die für die Regierung Techniken entwickeln, mit denen es sich noch fixer durchs All gleiten läßt. Diesem staatstragenden Treiben steht der Oktopus nun schon seit den 50er Jahren entgegen.

Als wenig staatstragend für die Pop-Nation erweist sich der Octopus-Labelbesitzer auch mit Kushti, der wohl avanciertesten Formation seines Ladens. Zusammen mit Ed Hanley von Plaid, die auf dem Electro-Label Clear veröffentlichen, und DJ Daddy Addy wird er am kommenden Mittwoch mit Effektgeräten und Synthesizern die Lounge beschallen. Dabei kann man sich auf ein breites Spektrum an Electronic Listening gefaßt machen, das in dem famosen ersten Label-Sampler There Are Many Different Colours emphatisch begrüßt wird. Während Kushti mit „U R Allstars“ eine Art vertracktes Easy Listening für Headz fabrizieren, machen in „Stromboli“ filigrane Drum'n'Bass-Schichten der leichtgängigen Piano-Melodie Beine. Hinzu kommen Glenn-Millerismen und Latin-Versatzstücke.

Alles geht; nur langweilen darf man auf diesem Planeten nicht – das ist die Devise des Octopus-Labels. So wurde es bereits im vergangenen Jahr vom englischen Elektro-Magazin Muzik als Label der Zukunft ausgerufen, und der ehrwürdige Melody Maker schwärmte angesichts von Kushti: „Their Freestyle-EP blows a hole through the top of your head big enough for a warm wind to blast through and shake you awake from winter's deep freezes.“ Dem können wir uns, nicht nur wegen des Schneegestöbers vor der Haustür, nur vorbehaltlos anschließen. Volker Marquardt Mi, 4. Dezember, 22 Uhr, Lounge