Zurück zum Publikum

■ Die Kammerphilharmonie sucht neue Wege für die kommende Saison

„Uns ist einfach die Anbindung an unser Publikum verlorengegangen“, so die Managerin der Deutschen Kammerphilharmonie Vera von Hazebrouck. Konsequenz: Die Kammerphilharmonie Bremen will ab der Saison 1996/97 das Abonnementsbüro selbst verwalten (bisher lag das in Händen der Agentur Albers&Pölking-Eiken). Im neuen Büro kann das Publikum nicht Karten erstehen, sondern sich auch beraten lassen. Von diesem verbesserten Angebot erhofft sich das Orchester neue Abonnenten: 750 gibt es zur Zeit, das Ziel sind 900. Spätestens ab Sommer 1997 steht die Kammerphilharmonie vor der Frage, wie es finanziell weitergeht, denn dann läuft die erste fünfjährige Subvention der Kultur- und der Wirtschaftsbehörde aus. Vera von Hazebrouck: „Die allerdings deckt nur knapp die Büro- und Verwaltungskosten“. Da die Planungen bis 1999 gehen, sogar schon Verträge unterschrieben wurden, ist die Kammerphilharmonie ein großes Risiko eingegangen.

Trotzdem drückt sich der Wille der Kammerphilharmonie, in Bremen zu bleiben, neben den großen Konzerten auch in einer Vielzahl von regionalen Aktivitäten aus. Zum Beispiel wird das Response-Projekt 1997 erneut durchgeführt: KomponistInnen gehen in Schulklassen, um dort mit den Kindern alte und neue Musik zu machen. Die Reihe der Einführungsveranstaltungen „En passant“ in der Angestelltenkammer wird es ebenso wieder geben, wie den „Sommer in Lesmona“ mit vier Konzerten. Neu ist das Angebot, eine halbe Stunde vor den Konzerten als „Auftakt“ kleinere Einführungen in die Programme zu geben.

Das Programm selbst mit sechs Abonnementskonzerten, zwei Sonderkonzerten und acht Kammermusikkonzerten bietet für jeden etwas, ist vielseitig, ohne zu provozieren. Einige Programme haben einen sorgfältigen konzeptionellen Zuschnitt, andere wirken beliebig. Eingeladen sind die Dirigenten Heinz Holliger, Frans Brüggen, John Adams, und aufregend dürfte der erneute Auftritt des jungen Daniel Harding sein, der letztes Jahr einen sensationellen Eindruck hinterließ. Drei Konzerte dirigiert der künstlerische Leiter der Kammerphilharmonie Thomas Hengelbrock. Die Crème der namhaften Solisten sind sicher der exzentrische Pianist Olli Mustonen und der Geiger Gidon Kremer. Der Eindruck, daß die Kammerphilharmonie sich in Bezug auf die Neue Musik eher zaghaft nach vorne wagt, könnte korrigiert werden durch einen Kompositionsauftrag für eine Oper an Heiner Goebbels, die 1998 beim Musikfest uraufgeführt werden soll. Außerdem wird wird die Kammerphilharmonie beim Musikfest 1997 unter der Leitung von Thomas Hengelbrock mit „Manfred“ von Robert Schumann vertreten sein. Stargast dieses Projekts ist Klaus Maria Brandauer. Last not Least: Am 20. Februar wollen die Philharmoniker das Abonnement 1997 mit dem Publikum bei einem Glas Sekt begießen.

Ute Schalz-Laurenze