Bremen goes online

■ Unter der Adresse bremen.de geht jetzt auch die Hansestadt im Internet um / Kritik von Privatanbieter

Das weltweit verzweigte Internet mit seinen Abermillionen Seiten ist seit gestern um eine Adresse reicher. http://www.bremen.de oder kurz bremen.de heißt die erste Seite, mit der sich die Hansestadt fortan im World Wide Web, der graphischen Filiale des Internet, präsentiert. Diese in tiefblau gehaltene und mit den Stadtmusikanten gezierte Seite ist der digitale Einstieg zu einer umfangreichen Datensammlung mit Informationen über den Zwei-Städte-Staat. Für die Initiatoren aus der Senatskanzlei sowie mehreren Senatsressorts verbindet sich mit diesem Schritt ein Katalog ehrgeiziger Ziele. Doch genau die sind dem wichtigsten privaten Konkurrenten - der kleinen Firma „Internationale Stadt Bremen“ (ISB) - ein Dorn im Auge: „Der Senat spannt uns Kunden aus“, erklärte Ralf Röber von ISB auf Anfrage.

Im Wettlauf um eine Vertretung in der digitalen Welt ist Bremen.de ein Nachzügler. Rund 90 deutsche Städte, Kommunen und Kreise sind inzwischen über eine eigene Internet-Adresse erreichbar. Hinzu kommen die Bundesländer. Was im digitalen Supermarkt angeboten wird, ist genauso vielfältig wie im wirklichen Leben. Das Bundesland Bayern etwa setzt ganz auf offizielle Informationen aus Staatskanzlei oder Parlament. Frankfurt/Main wendet sich ausschließlich an die Wirtschaft. Mannheim dagegen besticht mit einem virtuellen Rathaus, in dem sich etwa das gewünschte Pkw-Kennzeichen vormerken läßt. Doch die Bremer Ansprüche sind da weit größer.

„Es reicht nicht, einfach nur Texte hintereinanderzuschachteln“, erklärte Herbert Kubicek von der Forschungsgruppe Telekommunikation an der Bremer Uni gestern bei der Präsentation von bremen.de. Seine Forschungsgruppe, die auch das Stadtinformationssystem „Infothek“ entwickelt hat, setzt dagegen auf eine Datenbank, die unterschiedliche NutzerInnengruppen zu ihren gewünschten Informationen führt. So werden TouristInnen, Bremer BürgerInnen und wirtschaflich Interessierten gleich auf der ersten Seite individuell zugeschnittene Zugänge angeboten.

Hinter diesem breiten Spektrum möglicher NutzerInnen verbirgt sich eine weitere bremische Besonderheit. Die Entwicklung von bremen.de, die auch nach dem gestrigen Start als offener Prozeß weiter vorangetrieben werden soll, ist als Partnerschaft von öffentlichen und privaten Einrichtungen konzipiert. Wie Bürgermeister Henning Scherf (SPD) erklärte, soll die ganze Vielfalt des kleinsten Bundeslandes in bremen.de widergespiegelt werden. Ein Internet-Rat, dem VertreterInnen von Regierung, Firmen, Initiativen oder der Landesmedienanstalt angehören, soll ab Januar Vorschläge zur weiteren redaktionellen Gestaltung und eigenständigen Finanzierung spätestens ab Sommer 1999 ausarbeiten. Bis dahin übernimmt die Stadt durch geldwerte Leistungen wie etwa durch die Bereitstellung des Server-Computers Uni-Rechenzentrum die Finanzierung. Drittmittel der Europäischen Union kommen hinzu.

Genau daran entzündet sich die Kritik der privaten Konkurrenz von „Internationale Stadt Bremen“. Seit Anfang 1995 bietet die Firma einen eigenen Dienst an. Finanziert wird er über Anzeigen und Web-Seiten von Unternehmen. „bremen.de macht das gleiche Angebot kostenlos“, kritisiert Ralf Röber die öffentlich-privatwirtschaftliche Allianz. Ein Kunde habe schon jetzt gekündigt. Dennoch gibt sich Röber selbstbewußt: „bremen.de ist viel zu verschachtelt, der Zugriff ist zu langsam und die Informationen sind zu flach.“ ck