Di Pietro schmollt und grollt mit allen

■ Italiens Ex-Chefermittler und Politstar steht bald ganz allein

Rom (taz) – Schwerer Genickschlag für Italiens Politliebling Nummer eins, Antonio Di Pietro: Im Strafverfahren gegen die Crew des Mailänder Medienzaren und ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, in dem es um ein mutmaßliches Komplott gegen den ehemaligen Staatsanwalt geht, ist nun auch die Sonderkommission „Saubere Hände“ auf Distanz zu ihrem ehemaligen Chefankläger gegangen. Gerade von ihnen hatte sich Di Pietro volle Unterstützung erhofft.

Oberstaatsanwalt Francesco Saverio Borelli hatte schon am Montag in einer spektakulären Aussage höchst bedenkliche Äußerungen und Verhaltensweisen seines ehemaligen Mitarbeiters berichtet: „Den zerlege ich in seine Einzelteile“, soll Di Pietro über den von ihm angeklagten Berlusconi getönt haben. In den vergangenen zwei Tagen legte Borelli nach: Die Gründe für den Rücktritt Di Pietros von seinem Amt als Chefermittler im Dezember 1994 liegen, so Borelli, noch immer völlig im dunkeln. „Wenn er mit uns darüber gesprochen hätte, hätten wir ihm vielleicht helfen können, notfalls mit einer Psychotherapie.“ Ein nahezu tödliches Verdikt: Di Pietro ist unkalkulierbar, so die Botschaft, wir setzen uns von ihm ab, um nicht unsere weiteren Ermittlungen in Sachen Korruption zu gefährden.

Hintergrund ist die erneut höchst unklare Entscheidung Di Pietros in Sachen Politik: Noch vor kurzem hatte er versprochen, ohne Wenn und Aber seinen Posten als Minister für öffentliche Arbeiten bis zum Ende dieser Regierung auszufüllen, dann aber schmiß er vor zwei Wochen ohne Rücksprache mit Ministerpräsident Prodi oder seinen Freunden das Amt hin, als die Einleitung eines geradezu lächerlichen Ermittlungsverfahrens gegen ihn bekannt wurde. Danach verschwand er von der Bildfläche und ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.

Di Pietro im Schmollwinkel: Die Italiener sollen zusehen, wie sie ohne ihren bisher als letzten Hoffnungsträger betrachteten Star auskommen. Offensichtlich hofft Di Pietro auf einen mächtigen Ruf aus dem Volk. Die Bürger aber sind über die mangelnden Erklärungen Di Pietros bezüglich seiner spontanen Entschlüsse immer irritierter. Ob sie wirklich noch einmal mitziehen, dürfte nach der Distanzierung der Sonderkommission zum erstenmal wirklich fraglich geworden sein. Werner Raith