PDS hört SOS-Signal

■ Gysis Kritik schreckt die Partei auf

Berlin (taz) – Gregor Gysi ist immer noch der Superstar der PDS. Und so hat sein Beitrag im Neuen Deutschland, in dem er sich sehr persönlich und kritisch mit der Partei auseinandersetzt (taz von gestern), für Wirbel in der PDS gesorgt. Die Partei antwortet auf die Gysi-Kritik in der ihr eigenen Art und Weise: Sie arbeitet an Solidaritäts- und Gegenpapieren.

In einer Stellungnahme, die von über 30 führenden Politikern und Politikerinnen der PDS unterzeichnet ist, unter ihnen Parteichef Lothar Bisky und sein Stellvertreter Wolfgang Gehrcke, wird Gysis Beitrag als Hilfeschrei verstanden. Kritik üben sie an innerparteilichen Profilierungsversuchen einzelner. „Wenn wir unseren Anspruch als sozialistische Partei ernstnehmen wollen“, heißt es dort weiter, „müssen wir energisch einen Zustand beenden, der einen unserer kreativsten und tatkräftigsten Geister zur Morsetaste greifen läßt: SOS.“ Aus der PDS-Gruppe in Bonn war zu hören, daß einzelne Abgeordnete an einem Papier sitzen, in dem sie Gysis Frust über die abnehmende Politikfähigkeit der Partei teilen werden.

Demonstrativ hinter Gysi hat sich auch André Brie, Mitglied des Parteivorstands und strategischer Kopf der PDS, gestellt. „Gysis Kritik ist notwendig und politisch absolut richtig“, so Brie. Gleichzeitig merkte er an, daß die Reformkräfte in der Partei „zwei, drei Jahre nicht richtig gekämpft“ hätten, so daß die „Erosionsprozesse innerhalb der PDS“ sich gegenwärtig schneller vollziehen würden als die Partei neues politisches Terrain gewinnen könne. Jens König

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