Kohl greift Diepgen in die Tasche

■ Bonn will von Berlin Finanzierung der Altschulden. Senat will die 70 Millionen Mark nicht zahlen und droht mit Klage

Im Streit der neuen Länder über die Verteilung ihres Anteils zur jährlichen Bedienung der kommunalen Altschulden von insgesamt 8,4 Milliarden Mark will die Bonner Koalition Berlin und Sachsen zur Mitfinanzierung verpflichten. Da beide hierzu keine Mittel aus dem Investitionsförderungsgesetz in Anspruch nehmen wollten, müßten sie ihren Anteil an der Zahlung aus den Haushalten aufbringen. Eine entsprechende Änderung des Gesetzentwurfs zur Regelung der DDR-Altschulden beschloß der Haushaltsausschuß des Bundestags gestern in einer Sondersitzung mit der Mehrheit von Union und FDP.

Senatssprecher Michael-Andreas Butz wies die Bonner Forderung zurück und schloß eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht aus. Die Rechtslage und die Haltung des Berliner Senats seien eindeutig. Es gebe nur eine rechtliche Verpflichtung zur Zahlung von drei Millionen Mark, und darüber hinaus könne Berlin nicht verpflichtet werden.

Butz sagte: „Es wäre ein einmaliger Vorgang, wenn sich der Bundestag durch gesetzliche Maßnahmen einseitige Vorteile verschaffen würde. Wer diesen Weg beschreiten will, muß mit einer Klage in Karlsruhe rechnen.“

Nach Informationen aus der Senatskanzlei würde die Regelung eine Belastung Berlins mit 70 Millionen Mark bedeuten. Der Sprecher der Finanzverwaltung, Frank Zimmermann, betonte, die Zahlung des Betrages käme „nicht in Frage“. Die Forderung des Bundes werde sich schon deshalb nicht durchsetzen, weil das Vorhaben ein zustimmungspflichtiges Gesetz sei. Im Bundesrat sei von den Ländern Widerstand zu erwarten.

Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, daß die Bundesregierung die Gesamtschuld von 8,4 Milliarden Mark in den Erblastentilgungsfonds übernimmt und beide Seiten sich die jährliche Zahlung von Tilgung und Zinsen in Höhe von 630 Millionen je zur Hälfte teilen. Zur Finanzierung der 315 Millionen der sechs Länder ab 1998 sollen 105 Millionen aus dem Vermögen der DDR- Altparteien eingesetzt werden. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen wollen auch auf jährliche Bundesleistungen von 34 Millionen zur Investitionsförderung zugunsten der Altschuldenbedienung verzichten. taz/dpa