Horrende Preise für Ruinen

■ Wann lohnt sich der Immobilienerwerb als Altersvorsorge? Wenn Verkäufer von vermieteten Objekten traumhafte Renditen versprechen, ist Vorsicht geboten

Altersvorsorge wird zunehmend zur privaten Aufgabe: Die gesetzliche Rentenversicherung wird in Frage gestellt, und Beamtenpensionen sind kaum noch zu finanzieren. Doch Kapitallebensversicherungen – neuerdings auch private Rentenversicherungen – haben schlechte Renditen und bieten unter steuerlichen Aspekten keinen nennenswerten Reiz.

Ein Baustein für einen finanziell gesicherten Lebensabend ist deshalb der Kauf von Immobilien. Zwar ist das Eigenheim für viele trotz derzeit niedriger Zinsen und bröckelnder Preise mangels Eigenkapital unerschwinglich. Doch wird oft der Erwerb einer vermieteten Immobilie empfohlen – als Steuersparmodell und maßgeschneiderte Altersvorsorge. Sagenhafte Renditen – glaubt man den Verkäufern – scheinen gewiß. Mancher Beispielrechnung ist sogar zu entnehmen, daß der Einsatz eigenen Geldes nicht notwendig sei, die Finanzierung inklusive der Nebenkosten von der Bank übernommen und die monatliche Belastung durch Mieteinnahmen und Steuerrückzahlungen gedeckt werde. „Die Immobilie trägt sich selbst“, ist ein vielbemühter Slogan.

Die Wirklichkeit jedoch sieht anders aus. Angepriesen werden insbesondere Immobilien in Ostdeutschland, bei denen durch Sonderabschreibungen (AfA) größere Steuervorteile zu erzielen sind als beim Kauf eines Hauses in den alten Bundesländern. Die Sonder- AfA wird allerdings 1997 halbiert – und drohen Verluste von Steuergeschenken, ist das immer ein starkes Verkaufsargument, zumal dem Käufer bis Jahresende nicht mehr viel Zeit für weitreichende Entscheidungen bleibt.

Nicht selten werden daher Immobilien unbesehen „nach Katalog“ gekauft, und die Strategie mancher Verkäufer, Objekte zu vermarkten, die möglichst weit entfernt vom Wohnort des Käufers liegen, geht oftmals auf: Es werden horrende Preise für völlig heruntergekommene Immobilien gezahlt – die versprochenen „sagenhaften Gewinne“ streichen allerdings die Verkäufer ein. Häufig investieren die Erwerber 100.000 Mark und mehr, ohne den regionalen Immobilienmarkt zu kennen. Allein der Blick auf das Objekt – und nicht nur in die Prospekte – würde viele vom Kauf abhalten. Selbst ein Fahrrad wird mit größerer Weitsicht gekauft.

Gleichwohl kann – gut geplant und vernünftig finanziert – der Erwerb einer Immobilie eine sinnvolle Altersversorgung sein. Allerdings ist zu beachten, daß Immobilien eine langfristige Form der Geldanlage sind und ohne Eigenkapital oder eine hohe monatliche Belastung für den Käufer der Erwerb nicht möglich ist. Nachdem in den 80er Jahren die Gutverdienenden mit Bauherrenmodellen eingedeckt wurden und viele heute feststellen, daß sich der Erwerb nicht gelohnt hat, haben die Verkäufer mehr und mehr die Durchschnittsverdiener entdeckt. Für sie ist der Immobilienerwerb jedoch steuerlich längst nicht so lukrativ, denn Steuersätze von 40 Prozent sind hier eher die Ausnahme, und die monatliche Belastung, die aus eigener Tasche gezahlt werden muß, ist hoch. Je niedriger das Einkommen, desto unattraktiver die Rendite. Steuerlich lohnend wird der Immobilienkauf erst ab einem Jahreseinkommen von etwa 100.000 Mark.

Die Gebühren für Makler, Notar sowie andere Nebenkosten summieren sich auf mindestens 10 Prozent des Kaufpreises. Mietgarantien, Treuhänder und Finanzvermittler treiben im Einzelfall die Kosten bis auf 40 Prozent hoch, Kosten, die durch Wertsteigerungen erst ausgeglichen werden müssen, was allerdings angesichts derzeit stagnierender Immobilienpreise eine Weile dauern kann. Gewinne, zumal kurzfristig, sind kaum möglich.

Da Kredite aufgenommen werden müssen, sollte jedem Käufer klar sein, daß er auf Dauer liquide sein muß, um die Kredite zu bedienen – sonst droht die Zwangsversteigerung, denn eine Reduzierung des finanziellen Einsatzes ist bei dieser Form des „Sparens“ ist nicht möglich.

Gern wird unterstellt, daß Kaltmieten von 20 Mark und mehr pro Quadratmeter und Monat zu erzielen seien. Mit solchen Angaben jedoch läßt sich fast jede finanzielle Belastung „schönrechnen“: Ob nämlich diese Mieten marktgerecht und tatsächlich zu erzielen sind, wird nicht hinterfragt.

Häufig wird zwar eine bestimmte Höhe von Mieteinnahmen garantiert, allerdings – und hier liegt die Gefahr – nur zeitlich begrenzt. Werden die Mieten anschließend nicht wie geplant erzielt, droht das finanzielle Aus für den Käufer: Die monatliche Belastung ist nicht mehr tragbar.

Steuerlich vorteilhaft ist aufgrund guter Abschreibungsmöglichkeiten der Kauf von Neubauten. Insbesondere in den ersten 10 Jahren fallen die Erstattungen des Finanzamtes verglichen mit denen bei Altbauten üppiger aus. Aber Vorsicht! Der Wert einer solchen Immobilie sinkt dramatisch. Während beim Kauf eines Altbaus die vermieteten Wohnungen im Preis berücksichtigt werden – üblich sind Abschläge von 20 bis 30 Prozent –, muß bei einem Neubau der Preis der freien Wohnungen bezahlt werden. Ist die Wohnung dann allerdings bald vermietet, sinkt die Rendite: Bei einem Verkauf ist der zu erzielende Preis geringer und die Wohnung zudem wegen sinkender Steuervorteile für einen Käufer nicht mehr so interessant.

Altbauwohnungen sind demgegenüber zwar steuerlich nicht so attraktiv, aber beständiger in ihrem Wert. Wird die Wohnung gar frei, ist sogar ein Verkauf mit Gewinn möglich.

Eine „maßgeschneiderte“ Finanzierung, wie sie mancher Immobilienverkäufer anbietet, ist teuer. Da der Kaufpreis, häufig sogar die Nebenkosten, von einer Bank voll finanziert werden soll, verlangt man happige Risikoaufschläge. Es empfiehlt sich deshalb, 10 bis 20 Prozent der Kaufsumme aus eigenen Mitteln aufzubringen. Vor einer Finanzierung durch Banken sollte man verschiedene Angebote einholen. Ein Alarmzeichen ist, wenn einige Banken eine Finanzierung des Objektes ablehnen.

Sind die Belastungen hoch, wird kurzfristig, da billiger, finanziert. Fünf Jahre später kann dies allerdings zu erheblichen finanziellen Problemen führen, wenn etwa bei der fälligen Nachfinanzierung die Zinsen wieder gestiegen sind. Eiserne Regel der Baufinanzierung: Je niedriger der Zins, desto länger sollte die Zinsbindung sein.

Resümee: Bauherren- und Immobiliensparmodelle sind nicht generell als Altersvorsorge geeignet, selbst wenn man den notwendigen langen Atem hätte. Ein großer Teil der Angebote ist zu teuer oder wurde am Bedarf vorbei gebaut – insbesondere in den neuen Ländern. Steuerliche Vorteile sind immer nur eine Zugabe, bezahlen kann man eine Immobilie damit nie. Bei der Finanzierung wird häufig getrickst. Beim Verkauf in den ersten zehn Jahren droht meist ein schmerzhafter Verlust. Wichtig: Fragen Sie unabhängige Fachleute um Rat. Es lohnt sich. Christian Schmid-Burgk

Der Autor ist bei der Hamburger Verbraucherzentrale für den Sachbereich Baufinanzierung verantwortlich. Kontakt: Kirchenallee 22, 20099 Hamburg, Tel. 040/ 24832-122.