Leasing lohnt nur für Firmen

■ Produkte, die weniger als 10.000 Mark kosten, sollte man kaufen und nicht leasen: Der Verwaltungsaufwand macht die Raten teuer und das Geschäft unwirtschaftlich

„Falls man auch nur das kleinste Verlangen verspürt, den Gegenstand hinterher zu erwerben, dann sollte man ihn lieber gleich kaufen.“ Kurt Isenburg von der Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen läßt Träume vom Luxus ohne klassische Bankschulden schnell platzen. „Nein“, sagt er, Leasing sei „für Privatmenschen nicht zu empfehlen“.

Ade, kleine Vorfreuden. Dabei hört sich die Sache mit dem Leasing zunächst nicht schlecht an: Egal, was man haben möchte, man kann es bekommen. Die Raten sind niedrig, meist niedriger als die eines Bankkredites. Und weil das Auto, der Computer, der Fernseher gemietet wird – denn nichts anderes bedeutet „Leasing“ – ist man technisch immer up to date. Denn man gibt die Sachen nach beispielsweise zwei Jahren einfach zurück und bekommt dafür das neueste Modell. Und alles, ohne daß das Konto in die Knie geht, mal wieder umgeschuldet werden oder die Oma verpfändet werden müßte.

Leasing in Kurzform bedeutet: Man sucht sich in einem Geschäft seinen Wunschgegenstand aus, läßt sich ein Angebot geben, stellt einen Antrag an eine Leasinggesellschaft, die kauft den Gegenstand und vermietet es an den Antragsteller. Bingo: „Investition ohne Kapitaleinsatz“, wie es der Bundesverband Deutscher Leasinggesellschaften formuliert.

Doch das Problem, so Kurt Isenburg, fängt schon beim Kapitaleinsatz an: „Wenn man least, hat man keine Verhandlungsmöglichkeit.“ Es gibt kein Feilschen um Prozente beim Händler und kein Verhandeln bei der Bank um niedrigere Zinsen. Sonderangebote gibt es ebenfalls nicht: Beim Leasing gilt die „unverbindliche Preisempfehlung“ der Hersteller – und die beinhaltet alle Händlerspannen.

„Es gibt einige Fußangeln beim Leasing“, warnt Isenburg. „Leasingverträge sind relativ undurchsichtig.“ Das beginnt mit der Entscheidung über den Vertrag selbst: Teilamortisation oder Vollamortisation? Vollamortisation bedeutet, daß sämtliche Kosten (Kauf, Zinsen, Nebenkosten), die der Leasinggesellschaft entstehen (und der Gewinn, der abfallen muß), durch die Leasingraten gedeckt sein müssen. Bei der Teilamortisation wird im Vertrag ein Restwert festgeschrieben, den der geleaste Gegenstand nach Ablauf des Vertrages haben wird – die Raten decken damit nicht mal die Kosten der Leasingfirma. Das ist Kalkül: Die Raten – Teilamortisationsverträge sind vor allem beim Pkw-Leasing üblich – können so werbewirksam niedriger gehalten werden als bei der Vollamortisation. Wird ein Auto mit einem Wert von 50.000 Mark geleast und dabei ein Restwert von 20.000 Mark nach beispielsweise drei Jahren festgeschrieben, muß der Kunde zunächst nur 30.000 Mark abzahlen. Eine schöne Versuchung, zumal gilt: Je höher der Restwert, desto niedriger die monatliche Rate. „Man sollte jedoch genau prüfen, ob der Restwert auch realistisch ist“, sagt Kurt Isenburg. Die Versuchung besteht auch für die andere Seite: Je höher der Restwert, je kleiner damit die Raten, desto einfacher ist es, einen Kunden vom Sinn des Leasings zu überzeugen. Das Restwert-Raten-„Schnäppchen“ kann es in sich haben: Man hat – anders als bei der Vollamortisation – kein Recht, den Wagen zu kaufen, nachdem der Leasingvertrag ausgelaufen ist. Die Leasingfirma kann zuerst versuchen, ob sie auf dem freien Markt nicht mehr als den festgelegten Betrag bekommt.

Das dicke Ende: Ist der Wagen nach den drei Jahren nicht mehr die als Restwert festgelegten 20.000 Mark, sondern nur noch 10.000 Mark Wert, muß das Auto vom bisherigen Mieter für 20.000 Mark gekauft werden – er muß die „fehlenden“ 10.000 Mark also aus eigener Tasche drauflegen. Vertragschinesisch wird diese etwas andere Art des Kaufzwangs (der schließlich erst eintritt, wenn der Leasingfirma nach ihrer Einschätzung Verluste drohen) euphemistisch „Andienungsrecht“ genannt. Der Bundesverband formuliert das fast unerhört offen so: „Hieraus ergibt sich, daß das Restwertrisiko ausschließlich vom Leasingnehmer zu tragen ist.“

Im Pkw-Leasing gibt es zur Restwertregelung eine Alternative: die Kilometerabrechnung. Die allerdings hat auch ihre Tücken. Werden die für die Vertragszeit festgelegten Kilometer überschritten, muß nachgezahlt werden. Und weil der Restwert nicht berechnet wird, die Leasinggesellschaft das „Verwertungsrisiko“ nach Ende des Vertrags allein trägt, sind die Raten höher. Kurt Isenburg befürchtet, daß sich genau über „Restwert“ und „Andienungsrecht“ die meisten „nicht genug Gedanken machen, weil sie vor allem die niedrigen Raten sehen“. Den wenigsten dürfte es zunächst etwas ausmachen, daß Leasingverträge in der Regel nicht vorzeitig gekündigt werden können. Doch: Gleich, ob plötzlich kein Geld mehr für die Raten da ist, der Leasingnehmer krank wird und deshalb – um bei dem Beispiel zu bleiben – den Wagen zurückgeben will: Der Vertrag muß eingehalten werden, der Leasingnehmer haftet.

Im Falle eines – auch unverschuldeten – Unfalles oder gar eines Diebstahls ist der Leasingnehmer garantiert unter den Zahlenden: Die Leasinggesellschaft als Fahrzeugeigentümerin ist vorsteuerabzugsberechtigt, Versicherungen zahlen deshalb nur netto und nur den Wiederbeschaffungswert. Die Mehrwertsteuer und – im Schrottfall – den Rest der Gesamtleasingkosten trägt der Leasingnehmer.

Daß der geleaste Gegenstand Eigentum der Gesellschaft ist, wird oftmals nicht in die Überlegung einbezogen. Das daraus resultierende Problem müßte allerdings jeder kennen, der einmal ein Buch ausgeliehen und hinterher festgestellt hat, daß es aussieht wie in der Badewanne gelesen. Oder hat Kaffeeflecken auf Seite 129. Und sich an den Streit erinnert. Vertraglich geregelt ist, daß der Gegenstand „im vertragsgemäßen Zustand“ zurückzugeben ist. Die Frage, was nach einer Zeit von zwei, drei oder mehr Jahren Nutzung eines Autos der „vertragsgemäße Zustand“ ist, „führt immer wieder zu Problemen“, weiß Kurt Isenburg. Daß die Prüfung nach Kratzern, „Raucherhimmeln“ im Wagen oder anderen Wertminderungen umso intensiver ausfällt, je weniger ein Neugeschäft oder ein weiterer Leasingvertrag in Aussicht steht, unterstellt jedoch nicht die Verbraucherzentrale, sondern der ADAC in der November-Ausgabe seiner Mitgliederzeitschrift.

„Wenn man leasen will, muß man sich intensiv damit beschäftigen“, so Isenburg, und vor allem auch Angebote vergleichen. Nur so könne man sich vor einem bösen Erwachen schützen.

Einen Gegenstand zu leasen, wird – auch nach Einschätzung von Leasinggesellschaften – erst ab einer Summe von 10.000 Mark interessant. Grundsätzlich würde das auch für Objekte unterhalb dieses Betrages gelten. Doch sei es für den Leasingnehmer „eigentlich unwirtschaftlich“, da durch den Verwaltungsaufwand die Raten zu hoch angesetzt werden müßten.

Lieber den Dispokredit auszureizen als einen Fernseher zu leasen, rät die Stiftung Warentest. Das habe nicht nur den Vorteil, daß einem das Gerät im Prinzip von Anfang an gehöre – man könne den Kredit schließlich auch jederzeit früher zurückzahlen.

Leasing lohnt sich dagegen für Unternehmen, weil sie die Raten als Betriebsausgaben steuerlich absetzen können. Auch kann es für Firmen wichtig sein, Kreditlinien nicht auszureizen und ihr Kapital nicht in Maschinen zu binden.

1995 betrug, laut Bundesverband, das Leasingvolumen in Deutschland rund 58 Milliarden Mark – nur zehn Prozent davon war Privatleasing. Das gesamte Anlagevermögen (Mobilienleasing – Fahrzeuge, EDV-Anlagen, Produktionsanlagen – und Immobilienleasing) der seit rund 30 Jahren tätigen Branche belief sich nach einer Untersuchung des „ifo- Instituts für Wirtschaftsforschung“ 1994 auf rund 228 Milliarden Mark.

Der Bundesverband gibt über die Seriosität einer Leasingfirma allgemeine Auskünfte – jedoch keine Expertisen. (Bundesverband Deutscher Leasinggesellschaften, Telefon: 0228/ 641033). Wer vor allem empfohlen wird, liegt auf der Hand: die 115 Mitgliedsunternehmen. Die wickelten rund 87 Prozent aller Leasinggeschäfte ab. Insgesamt gibt es nach Schätzungen des Verbandes rund 1.000 Leasinggesellschaften in Deutschland. Ralf Ansorge