Vom Demokraten zum Autokraten geworden

■ Nach seiner umstrittenen Wiederwahl geht Sambias Präsident Frederick Chiluba hart gegen Kritiker vor und bedient sich dabei absurder Verschwörungstheorien

Johannesburg (taz) – Ein einstiger Hoffnungsträger tritt zur Wiederwahl an und läßt vorsichtshalber seinen einzigen ernsthaften Herausforderer ausschalten. Anschließend erklärt er sich zum Retter der Demokratie und verfolgt diejenigen unnachgiebig, die es wagen, öffentlich Zweifel an den Wahlen zu äußern. Was sich dieser Tage in Sambia im südlichen Afrika abspielt, geht über dieses Szenario noch hinaus – und das nur fünf Jahre, nachdem das Land als Vorreiter der Demokratisierung im postkolonialen Afrika gefeiert wurde.

Am Donnerstag entließ Sambias Präsident Frederick Chiluba sein Kabinett, das mit der für die Wahlen notwendigen Parlamentsauflösung schon seit Wochen kein Mandat mehr hat – ohne vorerst ein neues zu ernennen oder sich über einen möglichen Termin zu äußern. Und er setzte Polizei und Militär in Alarmbereitschaft. Die anhaltenden Proteste einer Allianz von Oppositionsgruppen gegen die als undemokratisch beurteilten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen der letzten Woche waren hierfür der Auslöser. Nicht zuletzt hatte das Bündnis unter der Führung von Expräsident Kenneth Kaundas Vereinigter Nationaler Unabhängigkeitspartei (Unip), das die Wahlen boykottierte, schon vorher angekündigt, die Regierung nicht anzuerkennen und eine Kampagne zivilen Ungehorsams zu starten, um Neuwahlen herbeizuführen. Nur wenig überraschend war Chiluba aus den Wahlen vom 21. November als Sieger hervorgegangen.

Ende 1991 hatte Chiluba den Diktator Kenneth Kaunda nach 27 Jahren Alleinherrschaft abgelöst. Chilubas Partei, die Bewegung für Mehrparteiendemokratie (MMD) gewann auch die Mehrzahl aller Parlamentssitze; nur 19 von insgesamt 150 gingen an unabhängige Kandidaten und kleine Oppositionsparteien, nachdem die wichtigsten Oppositionsparteien zum Boykott der Wahl aufgerufen hatten. Im Mai hatte die Bewegung für Mehrparteiendemokratie mittels einer mehr als durchsichtigen Verfassungsänderung den greisen Kaunda von einer erneuten Kandidatur für das Präsidentenamt ausgeschlossen, obwohl an der Wiederwahl Chilubas kein Zweifel bestand; Präsident werden darf seither nur, wer Einwanderer in der zweiten Generation ist, Kaundas Eltern aber kamen aus dem Nachbarland Malawi.

Nachdem er somit eine Wahl ohne Konkurrenten gewann, ließ sich Chiluba als Präsident vereidigen und verkündete den „Sieg der Demokratie“, ohne daß ein offizielles Wahlergebnis vorgelegen hätte. Die Opposition brachte darauf Anfang dieser Woche die Gefahr eines Militärputsches ins Spiel: In einem Brief wandte sie sich an Südafrikas Präsident Nelson Mandela, der zur Zeit auch Vorsitzender der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) ist. In dem Schreiben warnte sie, es könne einen Militärputsch geben, falls die SADC nicht eingreife und Sanktionen gegen Sambia verhänge. „Die Situation in Sambia ist so, daß ein Militärputsch nicht vollkommen ausgeschlossen ist, sollte keine politische Lösung gefunden werden“, heißt es in dem Schreiben.

Die Regierung Chiluba ihrerseits pflegt absurde Verschwörungstheorien und zeigt gegenüber Kritikern aller Art Härte. Zwei Mitglieder des Komitees für eine saubere Kampagne (CCC), einem Verbund von 18 regierungsunabhängigen und Menschenrechtsorganisationen, wurden am vergangenen Sonntag vorübergehend festgenommen. Währenddessen durchsuchte die Polizei ihre Büros und konfiszierte Dokumente und Disketten. Der Grund: Das CCC hatte die Wahlen als weder frei noch fair bezeichnet.

Ausgerechnet ein früheres Mitglied des CCC, Isaac Zimba, erhob den Verdacht, das Komitee habe mit Kaunda und westlichen Geberländern ein Komplott gebildet, um die Wahlen zu unterminieren. Unter dem gleichen Verdacht wurden Anfang der Woche sechs Journalisten in regierungseigenen Medien vom Dienst suspendiert. Sie sollen von den NGOs bestochen worden sein, um unwahre Berichte über die Regierung zu verbreiten.

Darüber hinaus ließ Sambias Regierung die Bankkonten des Komitees für eine saubere Kampagne sperren, um zu beweisen, daß das Komitee Gelder von ausländischen Gebern erhalten habe. Sie riskierte damit erneut den Zorn der Geberländer, die bereits auf die in ihren Augen undemokratische Verfassungsänderung im Mai drastisch reagiert hatten. Die USA, Großbritannien, Japan und Schweden legten damals ihre direkte Entwicklungshilfe vorerst auf Eis. Auf die Verschwörungsvorwürfe reagierten die diplomatischen Vertretungen scharf und wiesen sie als absurd zurück. Kordula Doerfler