Opel will auch Piäch tiefer legen

■ Dem VW-Vorstand droht der Totalschaden. Nach dem Rücktritt von Einkaufschef López kündigt Widersacher Opel an: Der Kampf geht weiter. Jetzt geht's um VW-Chef Piäch. Der hatte seine Hand für López ins Feuer gelegt

Hannover (taz) – José Ignacio López de Arriortua, bisher Einkaufschef von VW, hat gestern den Weg aus der Vorstandsetage von Volkswagen auf die Anklagebank angetreten. Der VW-Aufsichtsrat beendete auf seiner gestrigen Sitzung mit sofortiger Wirkung den Vertrag mit López. Der ehemalige Kostenkiller, der einer Anklage wegen Industriespionage entgegensieht, will sich nach Angaben seines Frankfurter Anwalts nun „auf seine Verteidigung konzentrieren“ und künftig selbständiger Unternehmensberater sein, möglicherweise auch für VW, teilte der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Liesen am Freitag abend mit. López erhalte die ihm bis zum Ende seines Vertrags im März 1998 zustehende Gehaltssumme.

Mit dem Ende der Ära López bei VW ist der Konflikt zwischen General Motors und Volkswagen allerdings keineswegs beigelegt: „Der seit drei Jahren überfällige Rücktritt kann den unserem Unternehmen in dieser Zeit entstandenen Schaden nicht ersetzen.“ Die deutsche GM-Tochter Opel verlangte gestern erneut Schadensersatz von VW. In den Augen von Opel ist die Trennung von López „nur noch eine hektische und unter juristischem Druck durchgeführte Aktion, mit der sich jedoch die Volkswagen-Führung ihrer eigenen Verantwortung nicht entledigen kann“. Von einer Rücknahme der in Detroit anhängigen Schadensersatzklage gegen VW war denn auch gestern nicht die Rede. Im Gegenteil – Opel beharrte auf einer Aufklärung der Affäre „durch die Justiz“, auf „einer Festellung des Schadens“ und der „Aufdeckung auch der persönlichen Verantwortlichkeiten“.

Auch wenn General Motors und Opel bisher den Rücktritt von Piäch nie gefordert haben, so richten sich die bohrenden Fragen aus Rüsselsheim nach den weiteren Verantwortlichen doch direkt gegen den VW-Chef. Schließlich hat Piäch, nachdem López 1993 offenbar mit vielen vertraulichen GM-Unterlagen im Gepäck den Dienst bei VW angetreten hatte, für diesen öffentlich die Hand ins Feuer gelegt. Und er hat ihm noch vor kurzem einen lebenslangen Job bei Volkswagen garantiert. Opel will geklärt wissen, „warum der Vorstand von VW jahrelang an einem Manager festgehalten hat, von dem er wissen mußte, daß er eine Fülle von internen und geheimen Opel- und GM-Dokumenten nach Wolfsburg schaffen ließ“. Geradezu genüßlich erinnerte man in Rüsselsheim gestern daran, daß diese Unterlagen in Wolfsburg „hinter Türen mit ausgewechselten Schlössern durch eigene Arbeitsgruppen in VW-Computer eingegeben“ wurden. Die Verantwortlichen bei Volkswagen hätten auch jahrelang verschleiert, daß noch während des laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegen López Opel- und GM-Dokumente bei VW in den Reißwolf wanderten. Ferdinand Piäch, der 1993 sein eigenes Schicksal bei VW mit dem von López verbunden hatte, steckt damit weiter in der Klemme: Entweder muß VW außergerichtlich hohen Schadensersatz an GM zahlen, oder der VW-Chef muß doch in dem in Detroit anhängigen Prozeß wegen einer kriminellen Verschwörung zu Lasten von GM unter Eid als Zeuge aussagen. Der VW-Aufsichtsrat wahrte gestern beim Abschied von López natürlich die Form. In allen Ehren haben ihn die Aufsichtsräte „von seinen Vorstandsaufgaben entlastet“. Schon Anfang der Woche habe López den Aufsichtsrat um Beendigung seines Vorstandsvertrags gebeten, teilte VW gestern mit. Diesem Wunsch entsprach der Aufsichtsrat prompt und bescheinigte López, „sich in hervorragender Weise für Volkswagen eingesetzt“ zu haben. Dem künftigen selbständigen Unternehmer López wünschte der VW-Aufsichtsrat „viel Erfolg“. Jürgen Voges