■ Mecklenburg-Vorpommerns SPD wurschtelt sich durch
: Ringstorffs kleine Schritte zur PDS

Harald Ringstorff, der SPD-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, ist ein gebranntes Kind. Als er vor sieben Monaten der CDU den Rücken kehren und seine Partei in ein Bündnis mit der PDS führen wollte, pfiff ihn die Bonner Parteizentrale zurück. Ringstorff, der daraufhin als Wirtschaftsminister gehen mußte, hat aus diesem überhasteten Vorstoß gelernt. Die Annäherung an die PDS, das weiß er, braucht ihre Zeit. So hätte denn der Leitsatz für Ringstorffs Schachzug auf dem SPD-Sonderparteitag lauten können: Nicht das, was man fordert, sondern was man zurückstellt, führt letztlich zum Ziel. Mit großer Mehrheit folgten die Delegierten seinem Kurs gegenüber der PDS: Keine Koalitionsaussage für den Wahlkampf 1998, aber eben auch keine Absage an die PDS. Taktisch geschickt verpackt, wurschtelt Ringstorff so seine Partei doch noch an die PDS heran.

Sicherlich war der Sonderparteitag nicht spektakulär, geradezu mäßigend im Tonfall und hielt sich im Rahmen dessen, was auch die einst entsetzten westdeutschen Genossen in der Parteizentrale mittragen können. Entscheidend sind vielmehr die Umstände, unter dem der Beschluß zustande kam und die ihm sein eigentliches Gewicht geben. Ringstorffs Gegner verzichteten auf Wortbeiträge, weil sie offenbar ahnten, daß ihre Forderung, von vorschnellen Liebäugeleien mit der PDS Abstand zu nehmen, sich nicht mit der emotionalen Befindlichkeit der Basis deckt. Die Partei hätte auch, wie etwa die Berliner SPD im vergangenen Jahr, der PDS eine klare Absage erteilen und damit zwangsläufig die Tür zur Großen Koalition öffnen können. Das allerdings wäre zugleich die Demontage ihres Landesvorsitzenden gewesen.

Der aber nahm seine Partei geschickt an der Hand. Seine Versicherung, die Koalition mit der CDU bis 1998 zu Ende zu führen, war das Lehrgeld, das er für den Erfolg am Samstag zahlen mußte. Sein eigentliches Ziel aber hat Ringstorff im Auge behalten können. So merkwürdig es klingen mag: Angesichts der Parteienlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns verschaffte sich der Sonderparteitag mit seiner scheinbaren Unentschlossenheit letztlich doch Klarheit. Nicht nur die Partei weiß, daß die einzige Frage 1998 die Stärke der PDS sein wird. Solange sie die SPD nicht überflügelt und so demütigt, kann Ringstorff die Karten am Ende neu mischen und die CDU dorthin schicken, wo er sie im Frühjahr schon am liebsten gesehen hätte: in die Opposition. Severin Weiland