Sozialprojekte für den Weltmarkt fit machen

Bündnisgrüne Finanzpolitik in den Zeiten der Haushaltslöcher: Nicht in Beton, sondern in die Köpfe der Menschen investieren. Grüne Sparkommissare fordern mehr „temporäre Beschäftigungsmöglichkeiten“ für Marginalisierte  ■ Von Christian Füller

Die Grünen haben das Rechnen gelernt. Schon das verdrießt die Basis. Als zwei grüne Sparkommissare nun am Montag abend bei einer Veranstaltung im Preußischen Landtag auch noch zeigten, wie sehr sie mit dem neuen öffentlichen Management vertraut sind, grollte die Hinterbank der Grünen. „Privatisierung und Outsourcing – sind wir denn bei der FDP hier?“ grummelte es beim Thema „Ohne Moos nix los“.

Der ehemalige Bremer Senator und Architekt der Ampelkoalition, Ralf Fücks, und der Frankfurter Kämmerer Tom Koenigs stehen fest auf dem Boden der Haushaltskonsolidierung. Die Grünen- Politiker erkennen das Primat des ausgeglichenen Staatsbudgets in einer solchen Weise an, daß FAZ- Redakteuren das Herz hüpfen würde. „Wir stehen vor einem dramatischen Verlust an politischer Handlungsfähigkeit“, sprach Fücks sein Credo, „wenn nur noch zwei Posten im Etat wachsen: Zinsen und Sozialleistungen.“

Ein Viertel der Steuereinnahmen gehen in Bremen und Frankfurt für Zinsen drauf. In Berlin ist es bald ein Drittel. In absoluten Zahlen sieht es noch schlimmer aus: Frankfurt fehlen rund 200 Millionen Mark jährlich, dem Stadtstaat Bremen 1,8 Milliarden – in Berlin aber liegt die Ausgaben- Einnahmen-Differenz bei über 10 Milliarden Mark.

Koenigs' und Fücks' Reformkonzept für die angeschlagenen Haushalte enthält auch ökologische und soziale Reformziele. Bloß sieht man die kaum hinter dem, was die grüne Rede dominierte: Investitionen und Privatisierungen. Den gängigen Investitionsbegriff stellen die beiden Grünen radikal in Frage. In Bremen werde derzeit ein „gigantisches schuldenfinanziertes Investitionsprogramm“ durchgezogen, kritisierte Fücks. Es handle sich um Großprojekte Marke „Beton in den Boden“. Koenigs zeigte mit Blick auf Berlin, wie unsinnig das ist. „Harakiri“ sei es, mit Millionenspritzen die Messe auszubauen – ohne daß der Stadtsäckel etwas davon hat.

Koenigs will lieber in die Köpfe von Menschen, in ihre Ausbildung investieren. Es sei jene Bildungsinfrastruktur zu schaffen, die der Normalbiographie im nächsten Jahrtausend gerecht wird: daß die Menschen viermal im Leben völlig neu- oder umlernen müssen. Streng haushaltstechnisch wird aber Bildung als Konsum und nicht als Investition angesehen. Die jungen Leute müßten für die „Globalisierung“ fit gemacht werden, sagte Koenigs. Da korrigierte ihn Fücks: Auch Wissen garantiere den Industrieländern ihr Wohlstandsniveau nicht. Vielmehr werde ein wachsender Teil der Menschen von der internationalen Hochleistungsphilosophie marginalisiert. Das müsse Haushaltspolitik berücksichtigen, forderte Fücks, indem Mischformen „temporärer Beschäftigung“ angeboten würden. Das gibt es schon, etwa in Nachbarschaftsinitiativen. Fücks forderte, die staatlichen Zuschüsse für Projekte in jedem Fall zu erhalten. Die Hauptstadt aber kürzt die Projektszene zusammen – anstatt sie für die Globalisierung fit zu machen.