Betr.: Landwirtschaft und Welternährung

Innerhalb der nächsten 30 Jahre wird ein Viertel aller Pfanzen- und Tierarten aussterben, schätzt die UN-Welternährungsorganisation FAO. Das ist nicht nur unverantwortlich gegenüber den MitbewohnerInnen der Erde. Es gefährdet auch die Lebensmittelversorgung der Menschen. Vier Fünftel der Weltnahrung wird inzwischen aus weniger als zwei dutzend Pflanzen- und Tierarten hergestellt. Bei einer derartigen genetischen Verarmung können Krankheitserreger und Parasiten verheerende Folgen haben, wenn sie riesige Teile der Ernte oder des Tierbestandes auf einmal vernichten.

Hierzulande ist die konventionelle Landwirtschaft eine der wichtigsten Ursachen des massenhaften Artentods. Fast 50 Prozent der Fläche Deutschlands wird agrarisch genutzt. Flurbereinigung, Pestizide und massive Stickstoffeinträge führten in den vergangenen Jahrzehnten zwar zu ständig wachsenden Erträgen. Zugleich aber verschwanden sogenannte Unkräuter, von ihnen abhängige Insekten, Vögel und andere Tiere. Wuchsen früher etwa 30 bis 50 Wildpflanzen zwischen Weizen, Mais und Gerste auf einem Durchschnittsacker, so sind es inzwischen nur noch vier bis fünf Arten.

Die wenigen Überlebenden machen den Bauern oft gerade deshalb zu schaffen, weil ihre natürlichen Feinde ausgestorben sind und sie sich ungebremst vermehren können. Durch das Versprühen weiterer Insektenkiller und Pflanzenschutzmittel wird das natürliche Gleichgewicht noch weiter gestört, so daß schon bald die nächste Chemikalienrunde eingeläutet werden muß. Zwar ist die Menge der hierzulande verbrauchten Herbizide in den letzten Jahren deutlich gesunken. Doch bei Insektiziden weist die Kurve weiter noch oben.

Die Bauern sind allerdings auch jenseits ihrer Äcker für den Tod vieler Pflanzenarten mitverantwortlich. Ein großer Teil der Düngemittel gelangt nämlich über Wasser und Luft in Wälder und auf Wiesen. Pflanzen, die auf magere Böden angewiesen sind, mickern vor sich hin, während stickstoffliebende Arten wie Brennesseln alles überwuchern und den Konkurrenten das Licht wegnehmen. Auf den Wiesen wird es schattiger und feuchter, so daß auch Heuschrecken, Ringelnattern und Eidechsen in Existenznot geraten.

Der Autoverkehr ist in Deutschland der zweite Hauptschuldige fürs Artensterben. Fast die Hälfte der Stickstoffeinträge stammt aus den Auspuffrohren. Und obwohl Straßen schon heute zweieinhalb mal soviel Fläche einnehmen wie Naturschutzgebiete, geht der Bau neuer Asphaltpisten fleißig weiter. Krach und Zerschneidung von Flächen machen vielen Arten das Überleben unmöglich. aje